Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehrvertretungszuschlag bei mehreren Pflichtteilsberechtigten
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erhöht sich die Prozeßgebühr des Anwalts, wenn er in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber vertritt und unter der weiteren Voraussetzung, daß auch der „Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe” ist. Daran aber fehlt es, wenn, wie hier, mehrere Pflichtteilsberechtigte den Erben in ein und demselben Prozeß auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses in Anspruch nehmen und mit der Rechtsverfolgung einen gemeinsamen Anwalt beauftragt haben. Der auch in einem solchen Fall durch die Vertretung mehrerer Auftraggeber bedingten Mehrarbeit des Anwalts kann nur durch die bei einer Tätigkeit zu verschiedenen Gegenständen im allgemeinen vorzunehmende Streitwertaddition Rechnung getragen werden
Normenkette
BRAGO § 6
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 19.04.1993; Aktenzeichen 11 O 9/93) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die nach einem Gegenstandswert von 130,50 DM angefallene Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger.
Von den sonstigen Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger 31/100 und der Beklagte 69/100.
Gründe
Die Erinnerung der Kläger, die aufgrund der Vorlage an den Senat als sofortige Beschwerde gilt (§ 11 Abs. 2 RpflG), begegnet keinen verfahrensrechtlichen Bedenken, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der Rechtspfleger hat es zutreffend abgelehnt, den von den Klägern als Mehrvertretungszuschlag zu der 10/10 Prozeßgebühr ihres gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten geltend gemachten Aufwand im Betrage von 130,50 DM (netto) in die Kostenfestsetzung einzubeziehen. Dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger ist eine um 3/10 erhöhte Prozeßgebühr nicht erwachsen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erhöht sich die Prozeßgebühr des Anwalts nicht schon dann, wenn er in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber vertritt, sondern nur unter der weiteren Voraussetzung, daß auch der „Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe” ist. Daran aber fehlt es, wenn, wie hier, mehrere Pflichtteilsberechtigte den Erben in ein und demselben Prozeß auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses in Anspruch nehmen und mit der Rechtsverfolgung einen gemeinsamen Anwalt beauftragt haben. Mit ihrem im vorangegangenen Rechtsstreit verfolgten Auskunftsbegehren haben die Kläger mehrere selbständige, ihrem Inhalt nach allerdings gleichartige Ansprüche geltend gemacht. Der Auskunftsanspruch, der Gegenstand der Klage war, stand jedem der klagenden Streitgenossen unabhängig von demjenigen des anderen zu. Das Auskunftsverlangen der Kläger hatte demnach in Wahrheit mehrere rechtlich selbständige und damit verschiedene, wenn auch von der Zielsetzung her gleichartige Ansprüche zu Gegenstand, so daß sich die von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger zur Durchsetzung dieser in einer Klage verbundenen Ansprüche entfaltete Tätigkeit nicht auf ein einziges gemeinsames Recht oder Rechtsverhältnis, sondern auf mehrere, durch den jeweils selbständigen Auskunftsanspruch der Streitgenossen bestimmte verschiedene Rechte bezogen hat.
Bei verschiedenen Gegenständen findet § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut keine Anwendung. Der auch in einem solchen Fall durch die Vertretung mehrerer Auftraggeber bedingten Mehrarbeit des Anwalts kann nur durch die bei einer Tätigkeit zu verschiedenen Gegenständen im allgemeinen vorzunehmende Streitwertaddition (§ 7 Abs. 2 BRAGO bzw. § 5 ZPO i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 BRAGO, 12 Abs. 1 GKG) Rechnung getragen werden. Das ist hier geschehen. Der vom Landgericht auf 8.000,00 DM festgesetzte Streitwert deckt ersichtlich das wirtschaftliche Gesamtinteresse beider Kläger an der Erteilung der dem Beklagten abverlangten Auskunft ab. Der Senat vertritt zudem in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß es auch in Fällen, in denen dem Anwalt – etwa wegen wirtschaftlicher Identität des Gläubigerinteresses – die gebührenrechtliche Vergünstigung einer Streitwertaddition versagt bleibt, nicht zulässig ist, den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO über dessen insoweit eindeutigen Wortlaut hinaus auf die anwaltliche Mehrvertretung zu verschiedenen Gegenständen auszudehnen (hierzu näher Senat in Anwaltsblatt 1987, 242 = Rechtspfleger 1987, 263 = JurBüro 1987, 1182).
Die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses hat ergeben, daß sich der gegen den Beklagten festgesetzte Betrag aus den von den Klägern vorgelegten Gerichtskosten und aus der Netto-Vergütung ihres Prozeßbevollmächtigten zusammensetzt. Da der Rechtspfleger den weitergehenden Kostenfestsetzungsantrag der Kläger nicht zurückgewiesen hat und keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, daß der Rechtspfleger die Mitfestsetzung der von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger auf seine Gebühren und Auslagen aufgeschlagenen Umsatzsteuer hat ablehnen wollen, ist davon auszugehen, daß über die Frage, ob der Beklagte den Klägern auch die auf die Vergütung ihres Proz...