Entscheidungsstichwort (Thema)
"Wilde Ticketanbieter": Verschulden des Vollstreckungsschuldners
Leitsatz (amtlich)
Ein Veranstalter, dem die Ankündigung und Durchführung einer Aufführung unter einem bestimmten Titel gerichtlich untersagt worden ist, hat dafür einzustehen, dass in Internetwerbeauftritten mit ihm zusammenarbeitende Unternehmen den fraglichen Titel nicht mehr verwenden. Er ist aber zur Vermeidung eines Verschuldensvorwurfs nicht gehalten, unter Verwendung von Suchmaschinen zu kontrollieren, ob daneben sog. wilde Ticketanbieter, die sich Eintrittskarten über die allgemein zugänglichen Vertriebswege zur Wertveräußerung via Internet verschafft haben, die untersagte Titelbezeichnung bei ihrem Angebot weiter verwenden.
Der in einem Ordnungsmittelverfahren ergangene Beschluss ist rechtskräftig.
Normenkette
ZPO § 890
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 19.12.2006; Aktenzeichen 33 O 178/06-SH I) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldner wird der Beschluss des LG Köln - 33 O 178/06 - SH I - vom 19.12.2006 teilweise abgeändert.
Das gegen die Schuldner verhängte Ordnungsgeld wird unter Abweisung des weitergehenden Vollstreckungsantrags neu auf jeweils 10.000 EUR (zehntausend EUR) gegen die Schuldnerin zu 1.) und den Schuldner zu 2.) festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Von den Kosten des Vollstreckungsverfahrens erster Instanz haben die Schuldner je 1/5 und die Gläubigerin 3/5 zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen zu 2/3 den Schuldnern und zu 1/3 der Gläubigerin zur Last.
Gründe
Die zulässige (§§ 793, 567 ff. ZPO) sofortige Beschwerde der Schuldner, der das LG nicht abgeholfen hat, führt in der Sache zur Herabsetzung des - entsprechend der titulierten Unterlassungsverpflichtung sowohl gegen die Schuldnerin zu 1.) als auch gegen den Schuldner zu 2.) festzusetzenden - Ordnungsgeldes.
Unstreitig ist es nach Zustellung der einstweiligen Verfügung des LG vom 5.5.2006 (am 10./11.5.2006) zu mehreren objektiven Verstößen gegen das gerichtliche Unterlassungsgebot gekommen, wobei Verstöße gegen eine nach Auffassung der Gläubigerin ebenfalls in den Kernbereich des Verbotes zu Nr. 1 lit. b fallende Verwendung bestimmter bildlicher Darstellungen nicht Gegenstand des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens, sondern eines weiteren, vom LG noch nicht beschiedenen Vollstreckungsantrags vom 8.2.2007 sind (SH II).
Doch trifft die Schuldnerin zu 1.) und den Schuldner zu 2.) als ihren nach dem Vollstreckungstitel auch persönlich zur Unterlassung verpflichteten Alleingeschäftsführer nur zum Teil das für die Verhängung eines Ordnungsmittels notwendige Verschulden.
Wie das LG zutreffend ausgeführt hat, haben die Schuldner allerdings den mehrwöchigen Verbleib der verbotenen Bezeichnung "E. E. G." in einer Suchleiste und einem Auswahlmenü des eigenen Internetauftritts zu vertreten. Das mit der Beschwerde geltend gemachte Versehen des zuständigen Webseitenbetreuers entlastet sie nicht, da sie die vollständige Erfüllung des gerichtlichen Verbots durch geeignete Anweisungen und Kontrollen hätten sicherstellen müssen.
Auch soweit die Werbung von Kooperationspartnern der Schuldner betroffen ist, hat ihnen das LG zu Recht und mit überzeugenden Erwägungen ein für die Zuwiderhandlung ursächliches Organisationsverschulden angelastet, wie es im schuldhaften Unterlassen von Anordnungen, Überwachungen oder anderen auf die Verhinderung von Verstößen Dritter gerichteter Maßnahmen liegen kann; die Anforderungen sind dabei hochgespannt und umfassen ein aktives Vorgehen gegen Beauftragte und Vertragspartner unter Androhung von Sanktionen für den Fall fehlerhafter Fortsetzung der wettbewerbswidrigen Werbung (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 57, Rz. 26 m.w.N.). Der Schuldner hat mit dem notwendigen Nachdruck und durch geeignete und zumutbare Maßnahmen sicherzustellen und zu kontrollieren, dass in Internetwerbeauftritten mit ihr zusammenarbeitender Unternehmen die gerichtlich verbotenen Angaben nicht mehr so enthalten sind, dass sie von Dritten aufgerufen werden können (Senat, GRUR-RR 2001, 24; Senatsbeschluss vom 11.7.2006 - 6 W 51/06).
Diesen hohen Anforderungen genügte das Verhalten der Schuldner nach ihrem eigenen Vorbringen nicht. Die - nur pauschal behauptete und durch nichts belegte - telefonische Unterrichtung "fast" all ihrer Geschäftspartner unmittelbar nach Zustellung der einstweiligen Verfügung (Schriftsatz vom 10.7.2006, S. 4; Schriftsatz vom 2.3.2007, S. 2) war schon deshalb nicht ausreichend, weil die Belehrung grundsätzlich schriftlich zu erfolgen hat (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 12 UWG, Rz. 6.7 m.w.N.). Die mit elektronischer Post am 15.06. und 19.6.2006 versandten Schreiben an ihre Vertragspartner (Anlage VS 1), die teilweise unter dem 12.6.2006 bereits von der Gläubigerin angeschrieben worden waren (Anlage VS 2), ließen inhaltlich den notwendigen Nachdruck vermissen, da sie sich ohne jede Fristsetzung oder Verdeutlichung drohend...