Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensschätzung, allgemeinkundige Tatsache, Internetrecherche, Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung, Aufrechnung, unstreitige Gegenforderung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Schätzung eines Mindestschadens können als Schätzgrundlage auch Tatsachen zugrundegelegt werden, die als Ergebnis einer Internetrecherche des Gerichts ermittelt wurden.
2. Begehrt eine Partei Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung eines Zahlungsanspruches, gegen den die Gegenseite hilfsweise eine unstreitige Gegenforderung zur Aufrechnung stellt, ist die Rechtsverfolgung nicht mutwillig.
Normenkette
BGB § 387; ZPO §§ 114, 287, 291
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 28.01.2016; Aktenzeichen 7 O 471/15) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Aachen vom 28.1.2016 - 7 O 471/15 -aufgehoben und unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen wie folgt neu gefasst:
Dem Antragsteller wird unter Ablehnung seines Gesuchs im Übrigen Prozesskostenhilfe mit Wirkung ab Antragstellung für folgenden Antrag bewilligt:
"Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 27.891 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.1.2016 zu zahlen."
Zugleich werden ihm die Rechtsanwälte N, F und X aus N2 zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte in dieser Instanz beigeordnet.
Im Hinblick auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers wird von der Anordnung einer ratenweisen Zahlung der Prozesskosten zunächst abgesehen. Sollten sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ändern, kann dieser Beschluss gemäß § 120a Abs. 1 ZPO abgeändert werden.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Von den Gerichtskosten trägt der Antragsteller 35 %.
Gründe
I. Der Antragsteller hatte von dem Antragsgegner eine Halle im Gewerbegebiet A-Süd gemietet und dort ein Gewerbe für Kraftfahrzeugtechnik betrieben. Durch schriftliche Vereinbarung vom 9.4.2014 verpflichtete sich der durch seine Betreuerin und seine bevollmächtigte Anwaltskanzlei vertretene Antragsteller, das Mietobjekt samt zugehörigem Grundstück bis zum 30.4.2014 zu räumen und in vertragsgemäßen Zustand an den Antragsgegner herauszugeben. In der Vereinbarung (Anlage K1, Blatt 13 der Akte) heißt es weiter:
"... 2. Kommt der Mieter seiner Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe nicht nach, ist der Vermieter berechtigt, die Räumung selbst zu veranlassen; ihn trifft dann keine Aufbewahrungspflicht hinsichtlich irgendwelcher, noch auf dem Grundstück oder im Mietobjekt vorgefundener Gegenstände.
Dem Vermieter insoweit entstandene Kosten sind vom Mieter zu erstatten.
3. In der Halle verbleiben:
- ein zweiachsiger PKW-Anhänger
- zwei neuere Hebebühnen
- eine Maschine zum Reifenauswuchten
- eine Maschine zum Aufziehen von Reifen
[...]
5. Auf die offene Forderung gegen ihn zahlt der Mieter, beginnend ab dem Monat Mai 2014, monatliche Raten in Höhe von 10,00 EUR bis einschließlich Januar 2015. Ab Februar 2015 zahlt der Mieter weiter monatliche Raten in Höhe von je 50 EUR...
6. Erfolgen die vereinbarten Ratenzahlungen pünktlich und regelmäßig, so wird die Forderung des Vermieters, Stand 09.04.2014, nicht weiter verzinst.
Hat der Mieter pünktlich und regelmäßig einen Betrag in Höhe von 7.193,15 EUR an den Vermieter entrichtet, so verzichtet dieser auf den Ausgleich der noch offenen Restforderung (nach Stand 09.04.2014 Gesamtforderung 10.838,57 EUR."
Der Antragsteller begehrt nunmehr Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit welcher er gegen den Antragsgegner einen Schadensersatzanspruch in einer Gesamthöhe von 42.756 EUR geltend machen will. Hierzu trägt er - bislang insoweit unwidersprochen - vor, der Antragsgegner habe bereits im Dezember 2013 das Schloss der Halle austauschen lassen. Hiernach habe er - der Antragsteller - keinen Zutritt zu der Halle mehr gehabt. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich die in der Klageschrift näher bezeichneten Gegenstände in der Halle befunden. Nachdem die Betreuerin sich wiederholt erfolglos an den Antragsgegner gewandt habe mit dem Ansinnen, eine Räumung zu ermöglichen, habe dieser am 29.4.2014 lediglich mitgeteilt, er habe mit der Angelegenheit nichts mehr zu tun; eine Räumung sei bereits am vorangegangenen Wochenende erfolgt, er habe das gesamte Wochenende zu tun gehabt. Den Gesamtwert der in der Klageschrift aufgeführten Gegenstände beziffert der Antragsteller mit dem Klagebetrag. Der Antragsgegner tritt der Klage entgegen. Der Antragsteller habe sich zwar wiederholt in dem Mietobjekt aufgehalten und Gegenstände entfernt, eine Räumung habe er aber bis zum vereinbarten Zeitpunkt nicht vorgenommen. Dies habe der Antragsteller dadurch feststellen können, dass die Gegenstände verschwunden gewesen seien. Papiere, die er in der Halle noch aufgefunden habe, habe er an den Antragsteller herausgegeben. Er habe jedenfalls keinerlei Besitz mehr an Gegenständen, die dem Antragsteller gehören oder gehört haben. Überdies seien die von dem Antragsteller für die ...