Tenor
1.
Dem Angeklagten wird auf seine Kosten gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - in Aachen vom 25. April 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
2.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - in Aachen vom 25. April 2001 mit seinen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Aachen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Aachen vom 25. April 2001 wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in 4 Fällen, in 2 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Fahren ohne Fahrerlaubnis, in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Urkundenfälschung, unter Einbeziehung der Verurteilung durch das Amtsgericht Aachen vom 7. Juni 2000 zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr verurteilt worden, wobei die Entscheidung über die Aussetzung dieser Strafe zur Bewährung auf die Dauer von 6 Monaten zurückgestellt, der Angeklagte aber gleichwohl bereits unter Bewährungsaufsicht gestellt und mit einer Bewährungsauflage belegt worden ist. Außerdem hat das Amtsgericht der Verwaltungsbehörde untersagt, dem Angeklagten vor Ablauf von 8 Monaten eine Fahrerlaubnis zu erteilen. Nach Verkündung dieser Entscheidung hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung erklärt, dass er auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichte.
Durch Beschluss vom 14. März 2002 hat das Jugendschöffengericht entschieden, dass die Vollstreckung der Jugendstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werde.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 27. März 2002, bei Gericht eingegangen am folgenden Tag, hat der Angeklagte um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist nachgesucht und zugleich gegen das Urteil vom 25. April 2001 Revision eingelegt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags macht er geltend, erstmals am 27. März 2002 durch den Verteidiger Kenntnis von der Unwirksamkeit seines Rechtsmittelverzichts erlangt zu haben. Mit der Revision rügt er die Verletzung materiellen und formellen Rechts, nämlich das Vorliegen des absoluten Revisionsgrunds gemäߧ 338 Nr. 5 StPO wegen der Durchführung der Hauptverhandlung ohne die Anwesenheit eines Verteidigers, und beantragt, die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.
II.
1.
Dem Angeklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision zu gewähren.
a)
Der entsprechende, am 28. März 2002 bei Gericht eingegangene Antrag ist rechtzeitig gestellt worden. Denn die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 S. 1 StPO, die mit dem Wegfall des Hindernisses beginnt, das an der Einhaltung der versäumten Revisionsfrist gehindert hatte, wurde nach dem Vortrag des Angeklagten erst am 27. März 2002 in Gang gesetzt, als er durch den Verteidiger auf die Möglichkeit der Urteilsanfechtung trotz des erklärten Rechtsmittelverzichts hingewiesen wurde. Diese Darstellung ist dadurch, dass sie von dem Verteidiger auf der Grundlage eigener Wahrnehmung vorgetragen wird und in Einklang mit der Datierung der vorgelegten Strafprozessvollmacht steht, auch hinreichend glaubhaft gemacht, zumal darüber hinaus nachvollziehbar erscheint, dass der Angeklagte sich erst im Anschluss an die Zustellung des Beschlusses vom 14. März 2002 an einen Verteidiger gewandt hat.
b)
Die sachlichen Voraussetzungen der Wiedereinsetzung gemäߧ 44 S. 1 StPO sind ebenfalls erfüllt. An der rechtlich möglichen Einlegung eines Rechtsmittels gegen das am 25. April 2001 verkündete Urteil war der Angeklagte ohne eigenes Verschulden dadurch gehindert, dass er von der Wirksamkeit des erklärten Rechtsmittelverzichts ausgegangen ist, ohne dass ihm dieser Irrtum zum Vorwurf gereichen würde.
aa)
Die Anfechtung des Urteils war nicht durch den Rechtsmittelverzicht des Angeklagten ausgeschlossen, weil diese Erklärung nicht als wirksam und verbindlich gelten kann. Es entspricht weitgehend unbestrittener Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass der im Anschluss an die Urteilsverkündung vom Angeklagten erklärte Rechtsmittelverzicht unwirksam ist, wenn trotz Vorliegens der Voraussetzungen einer notwendigen Verteidigung gemäߧ 140 Abs. 1, 2 StPO kein Verteidiger mitgewirkt hat (vgl. BGH NJW 2002, 1436 = StraFo 2002, 161 = wistra 2002, 190; SenE v. 03.12.1996 - Ss 595/96 - = StV 1998, 645 = StraFo 1997, 49; SenE v. 30.05.1997 - Ss 219/97 - = NStZ-RR 1997, 336 [337] = VRS 93, 430; SenE v. 22.08.1997 - Ss 470/97 -; OLG Düsseldorf VRS 84, 297 u. VRS 88, 42 = MDR 1994, 1138 = NStZ 1995, 147 = StV 1994, 533; OLG Düsseldorf StV 1998, 647 u. VRS 97, 357 [358 f.] = StraFo 1998, 384 m. w. Nachw.; OLG Frankfurt NStZ 1992, 296 u. NStZ 1993, 507; KG StV 1998, 646 L; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 302 Rdnr. 25; Hanack, in:...