Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Unterlassungsklage gegen vermeintlich ehrenrührige Äußerungen im Zusammenhang mit der Abwicklung versicherungsrechtlicher Ansprüche
Leitsatz (amtlich)
Ein Arzt oder Zahnarzt kann nicht mit einer Unterlassungsklage gegen Äußerungen eines privaten Krankenversicherers vorgehen, die dieser im Zusammenhang mit der Prüfung von Erstattungsansprüchen gegenüber seinem Versicherungsnehmer tätigt und die vom Arzt/Zahnarzt als ehrenrührig empfunden werden, weil sie seines Erachtens den Vorwurf eines Behandlungsfehlers beinhalten. Einer solchen Unterlassungsklage fehlt es schon am Rechtsschutzbedürfnis, denn es handelt sich um Äußerungen, die in unmittelbarem Zusammenhang stehen mit einer Rechtsverteidigung im Prozess und deren Privilegierung teilen.
Normenkette
BGB §§ 823, 1004; GG Art. 5; ZPO § 253
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 3 O 10/17) |
Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 28.11.2017 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 3 O 10/17 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
Gründe
I. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrages zu 1. bereits unzulässig und hinsichtlich des Klageantrages zu 2. unbegründet. Der Umstand, dass das Landgericht die Klage insgesamt für unbegründet gehalten hat, hindert den Senat nicht an einer Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO (Zöller-Heßler, 32. Auflage 2018, § 522 ZPO, Rn. 36).
1. Die Klage ist nach dem Klageantrag zu 1. unzulässig, denn ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlt einer Klage auf Unterlassung oder auf Beseitigung von Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren dienen, das Rechtsschutzbedürfnis. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens nicht dadurch Einfluss genommen werden und seinem Ergebnis nicht dadurch vorgegriffen werden soll, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geklärt werden (BGH, Urteil vom 22.01.1998, I ZR 177/95, GRUR 1998, 587, 589, Rn. 43 - Bilanzanalyse Pro 7; Urteil vom 10.12.2009, I ZR 46/07, BGHZ 183, 309, Rn. 14 - Fischdosendeckel; Urteil vom 19.07.2012, I ZR 105/11, GRUR 2013, 305 ff, Rn. 14 - Honorarkürzung, juris).
Dies gilt grundsätzlich auch bei Äußerungen in einem rechtsstaatlich geregelten Verfahren, durch die Rechte von am Verfahren beteiligten Dritten betroffen werden, wenn die Äußerungen in einem engen Bezug zum Verfahren stehen. Kann sich der Dritte in dem betreffenden Verfahren nicht gegen die Äußerungen wehren, ist bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen allerdings besonders sorgfältig zu prüfen, ob der Dritte die Äußerung hinnehmen muss (BGH, Urteil vom 10.12.2009, I ZR 46/07, BGHZ 183, 309, Rn. 15; Urteil vom 19.07.2012, I ZR 105/11, GRUR 2013, 305 ff, Rn. 15).
Hintergrund dieser Erwägungen ist, dass die ungehinderte Durchführung staatlich geregelter Verfahren im Interesse der daran Beteiligten, aber auch im öffentlichen Interesse nicht mehr als unbedingt notwendig behindert werden darf. Die Verfahrensbeteiligten müssen, soweit nicht zwingende rechtliche Grenzen entgegenstehen, vortragen können, was sie zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung für erforderlich halten. Dabei müssen, wenn dies der Verfahrensgegenstand rechtfertigt, auch Tatsachenbehauptungen und -bewertungen mit Bezug auf am Verfahren nicht beteiligte Dritte zum Inhalt des Vorbringens gemacht werden können. Es ist dann allein Aufgabe des mit der Entscheidung in dem betreffenden Verfahren befassten Organs, die Erheblichkeit und Richtigkeit des jeweiligen Vorbringens für seine Entscheidung zu beurteilen. Es geht nicht an, dass die Verfahrensführung mehr als unabdingbar notwendig von außen beeinflusst wird, indem Dritte durch gerichtliche, an einen Verfahrensbeteiligten gerichtete Unterlassungsgebote außerhalb des Ausgangsverfahrens vorgeben, was in diesem vorgetragen und damit zum Gegenstand der betreffenden Verfahren gemacht werden darf (BGH, Urteil vom 10.12.2009, I ZR 46/07, BGHZ 183, 309, Rn. 16; Urteil vom 19.07.2012, I ZR 105/11, GRUR 2013, 305 ff, Rn. 16).
Eine gesonderte Klage auf Unterlassung ist ausnahmsweise dann zulässig, wenn ein Bezug der den Dritten betreffenden Äußerunge...