Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Unterlassungsklage gegen vermeintlich ehrenrührige Äußerungen im Zusammenhang mit der Abwicklung versicherungsrechtlicher Ansprüche
Leitsatz (amtlich)
Ein Arzt oder Zahnarzt kann nicht mit einer Unterlassungsklage gegen Äußerungen eines privaten Krankenversicherers vorgehen, die dieser im Zusammenhang mit der Prüfung von Erstattungsansprüchen gegenüber seinem Versicherungsnehmer tätigt und die vom Arzt/Zahnarzt als ehrenrührig empfunden werden, weil sie seines Erachtens den Vorwurf eines Behandlungsfehlers beinhalten. Einer solchen Unterlassungsklage fehlt es schon am Rechtsschutzbedürfnis, denn es handelt sich um Äußerungen, die in unmittelbarem Zusammenhang stehen mit einer Rechtsverteidigung im Prozess und deren Privilegierung teilen.
Normenkette
BGB §§ 823, 1004; GG Art. 5; ZPO § 253
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 3 O 10/17) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 28.11.2017 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 3 O 10/17 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger ist Zahnarzt. Die Beklagte ist ein privater Krankenversicherer.
Die Patientin F2 G, die bei der Beklagten krankenversichert ist, war im Jahr 2016 bei dem Kläger in zahnärztlicher Behandlung. Laut Behandlungsplan vom 19.04.2016 sollten in den Regionen 35-37 und 46 insgesamt vier Implantate gesetzt werden. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 30.06.2016 eine Leistung für das Implantat 36 mit der Begründung ab, dass diese Region durch ein Brückenglied zu versorgen sei. Die Patientin ließ die Behandlung wie geplant mit vier Implantaten durchführen. Als sie der Beklagten die Rechnung des Klägers vom 08.07.2016 zur Erstattung vorlegte, lehnte die Beklagte eine Erstattung der Kosten für das Implantat 36 ab. Die Patientin legte der Beklagten daraufhin ein Schreiben des Klägers vom 24.06.2016 vor, in dem dieser die Notwendigkeit eines Implantates im Bereich des Zahnes 36 damit begründete, dass der Kaudruck durch die Gegenbezahnung hoch sei und bei einer Versorgung mit nur zwei Implantaten und einer Brücke der Druck auf die Implantatsuprakonstruktionen so hoch sei, dass man eine verkürzte Lebensdauer riskieren würde. Die Beklagte ließ von der Patientin angeforderte Unterlagen (Situationsmodelle, Röntgenaufnahmen etc.) durch die sie beratenden Zahnärzte Dres. F überprüfen. Das Ergebnis der Überprüfung teilte die Beklagte der Patientin G mit Schreiben vom 07.09.2016 mit, in dem es unter anderem wie folgt heißt:
"In der Region 36/37 zeigt sich auf allen vorgelegten Einzelröntgenaufnahmen ein nicht entfernter Wurzelrest. Auch die postoperative Einzelröntgendiagnostik vom 27.06.2016 dokumentiert, dass die Implantate in den Kieferknochen des 3. Quadranten eingebracht wurden, ohne dass der Wurzelrest entfernt wurde. Somit besteht ein erhöhtes Risiko hinsichtlich eines dauerhaften Erfolges der dargestellten implantologischen und auch prothetischen Maßnahmen im linken Unterkiefer.
Hinzu kommt, dass unter Berücksichtigung der dokumentierten Ausgangssituation und der aufwändig abgerechneten knochenvermehrenden Leistungen auch eine medizinische Notwendigkeit für das 3. Implantat im linken Unterkiefer in der Region 36 nicht zu bestätigen ist. Ihr Kauorgan hätte fachgerecht und ohne Nachteile mit Hilfe von zwei Implantaten in den Regionen 35 und 36 sowie dem Eingliedern einer entsprechenden implantatgetragenen Brückenkonstruktion prothetisch saniert werden können."
Der Kläger forderte die Beklagte vorgerichtlich erfolglos zu Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
Der Kläger hat behauptet, er sei Spezialist für Parodontologie und schwerpunktmäßig auf dem Gebiet der Implantologie tätig. Aufgrund regelmäßiger Vorträge im deutschsprachigen Raum habe er in den entsprechenden Fachkreisen eine große Bekanntheit erlangt. Der seitens der Beklagten erhobene Vorwurf eines gravierenden Kunstfehlers sei offensichtlich falsch und in erheblichem Maße geeignet, seine Reputation sowie das Patientenverhältnis zu Frau G zu schädigen. Auf den Röntgenbildern sei deutlich erkennbar, dass es sich nicht um einen Wurzelrest, sondern um implantiertes Knochenersatzmaterial (sog. socket preservation) gehandelt habe. Dies sei für jeden Fachmann erkennbar gewesen, zumal eine socket preservation auch abgerechnet worden sei. Die Beklagte habe bewusst unwahre Tatsachen verbreitet. Der Kläger ist der Auffassung gewesen, die Beklagte habe in rechtswidriger Weise in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft, jeweils bis zu sechs Monate, zu unterlassen, gegenüber Dritten zu behaupten, der Kläger habe bei einer Implantatbehandlung der Patientin F2 G ei...