Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsschutzinteresse für Abänderungsklage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Rechtsschutzinteresse für eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Unterhaltsgläubiger angesichts der wesentlichen Änderung der dem Titel zugrunde liegenden Verhältnisse erklärt hat, er werde derzeit keinen Unterhalt geltend machen. Es entfällt erst dann, wenn er den Unterhaltstitel – sofern er ihn nicht wegen bestehender Unterhaltsrückstände zur Vollstreckung benötigt, an den Schuldner herausgibt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 323 Rz. 23 m.w.N.)

2. Die Klageerhebung kann gleichwohl mutwillig i.S.v. § 114 ZPO sein, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß der Unterhaltsgläubiger auf entsprechende Aufforderung den Unterhaltstitel, aus dem keine Rechte mehr hergeleitet werden, an den Unterhaltsschuldner herausgibt und sich infolgedessen die Erhebung einer Abänderungsklage erübrigt (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rz 32 m.w.N.)

 

Normenkette

ZPO §§ 323, 114

 

Verfahrensgang

AG Eschweiler (Beschluss vom 27.04.2005; Aktenzeichen 11 F 93/05)

 

Tenor

Die am 10.6.2005 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers gegen den am 11.5.2005 zugestellten, den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abweisenden Beschluss des AG - FamG - Eschweiler vom 27.4.2005 - 11 F 93/05 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Im Ergebnis zu Recht hat das AG dem Kläger Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Abänderungsklage verweigert. Allerdings kann die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage nicht, wie das AG meint, deshalb verneint werden, weil es an einem Rechtsschutzbedürfnis für diese Klage fehlt. Ein Rechtsschutzinteresse für eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Unterhaltsgläubiger - wie hier die Beklagte - angesichts der wesentlichen Änderung der dem Titel zugrunde liegenden Verhältnisse erklärt hat, er werde derzeit keinen Unterhalt geltend machen, es sei denn, er gibt den Unterhaltstitel, sofern er ihn nicht wegen bestehender Unterhaltsrückstände zur Vollstreckung benötigt, an den Schuldner heraus (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 323 Rz. 23 mit Bezug auf OLG Karlsruhe v. 11.11.1999 - 16 WF 131/99, OLGReport Karlsruhe 2000, 174 = FamRZ 2000, 905; OLG München v. 3.12.1998 - 12 WF 1327/98, OLGReport München 1999, 41 = FamRZ 1999, 942). Eine Herausgabe des Titels ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Aus den Akten ergibt sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger die Beklagte dazu aufgefordert hätte. In den vorgerichtlichen Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 1.12.2004 und 13.1.2005 (Anl. K 3 und K 5 zur Klageschrift) ist die Beklagte lediglich aufgefordert worden, schriftlich zu erklären, Rechte aus den zu ihren Gunsten bestehenden Unterhaltstiteln ab 1.1.2005 nicht mehr geltend zu machen bzw. herzuleiten. Diese Erklärung hat sie durch den Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 19.1.2005 abgeben lassen (Anl. K 6 zur Klageschrift), allerdings beschränkt auf die Zeit, in der der Kläger nur Arbeitslosengeld II erhält. Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte auf entsprechende Aufforderung hin den Unterhaltstitel an den Kläger herausgibt, aus dem sie keine Rechte mehr herleiten will, und sich infolgedessen eine Abänderungsklage erübrigt. Eine Klageerhebung zum jetzigen Zeitpunkt erscheint unter diesen Umständen mutwillig i.S.v. § 114 ZPO, so dass derzeit keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (vgl. dazu auch Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rz. 32 mit Bezug auf OLG Frankfurt v. 29.4.1986 - 2 WF 78/86, NJW-RR 1986, 944 sowie - mit Blick auf die Vollstreckungsabwehrklage - Rz. 31 mit Bezug auf OLG Bamberg v. 2.12.1991 - 7 WF 167/91, FamRZ 1992, 456).

Die Beklagte wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass bei Nichtherausgabe des Vollstreckungstitels und einer Abänderung des Titels auf "Null" im Rahmen einer - dann zulässigen - Abänderungsklage bei zukünftiger Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Klägers nicht automatisch wieder aus dem Titel vollstreckt werden könnte; dem stünde die Abänderung auf "Null" entgegen. Die Beklagte müsste vielmehr ihrerseits Abänderungsklage gem. § 323 ZPO erheben (vgl. BGH v. 30.1.1985 - IVb ZR 63/83, FamRZ 1985, 376 [377], unter Ziff. I. 2. der Entscheidungsgründe; OLG Frankfurt v. 23.11.1999 - 5 U 21/99, OLGReport Frankfurt 2000, 175).

Eine Kostenentscheidung entfällt gem. § 127 Abs. 4 ZPO.

Beschwerdegebühr: 50 EUR.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1445235

FamRZ 2006, 718

OLGR-Mitte 2006, 44

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