Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennungsversagungsgründe/Zulässigkeit einer (hilfsweise) erklärten Aufrechnung und einer (hilfsweisen) Widerklage im Vollstreckbarerklärungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Vorliegens einer wirksamen Schiedsvereinbarung und deren Auslegung sowie zum Einwand, das unzuständige bzw. fehlbesetzte Schiedsgericht habe entschieden.
Es ist darzulegen, dass sich die Anwendung einer - behauptet - nicht vereinbarten Sprache auf die Prozessführung oder auf den Inhalt des Schiedsspruchs nachteilig ausgewirkt hat. Es reicht nicht aus, vorzutragen, dass ohne die Gesetzes- bzw. Verfahrensverletzung anders entschieden worden wäre.
Beruft sich eine Partei vor dem staatlichen Gericht zu Recht darauf, dass die einer Aufrechnung zugrunde liegende bestrittene Forderung ihrerseits einer Schiedsabrede unterliege, darf eine Aufrechnung nicht berücksichtigt werden. Bereits aus diesem Grund hat auch die Widerklage keine Aussicht auf Erfolg ungeachtet der Frage, ob sie im Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren überhaupt erhoben werden kann.
Normenkette
ZPO §§ 1061, 1063; UNÜ Art. V
Tenor
Der zwischen den Parteien ergangene Schiedsspruch des Schiedsgerichts der Internationalen Handelsarbitragekammer bei der Industrie und Handelskammer der Republik Moldawien, erlassen durch den Einzelschiedsrichter B vom 14.6.2012 wird mit folgendem Tenor für vollstreckbar erklärt:
Die Antragsgegnerin wird verurteilt, an die Antragsstellerin 11.665,77 EUR und 1.038,36 USD zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs vom 14.6.2012 (Anlage K 2, Bl. 12, 18 GA). Der Schiedsspruch des Schiedsgerichts der Internationalen Handelsarbitragekammer bei der Industrie- und Handelskammer der Republik Moldawien, erlassen durch den Einzelschiedsrichter B vom 14.6.2012, wurde der Antragsgegnerin am 1.8.2012 zugestellt (K 3, Bl. 24 GA).
Dem Verfahren lag eine Bestellung der Antragstellerin zugrunde. Sie bestellte bei der Antragsgegnerin Flaschen im Gesamtwert von 32.946,67 EUR, für die die Antragstellerin in Vorleistung gegangen war. Die Antragsgegnerin lieferte sodann Waren im Gegenwert von 21.280,90 EUR. Die Antragstellerin begehrte Rückzahlung der vorab zu viel überwiesenen Beträge.
Antragsgemäß hat das Schiedsgericht den bereits bezeichneten Schiedsspruch erlassen. Die Antragstellerin ist der Ansicht, es handele sich um einen wirksamen, nach moldawischem Recht verbindlichen und vollstreckbaren Schiedsspruch. Mangels Zahlung seitens der Antragsgegnerin begehrt sie die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs in Deutschland. Sie beruft sich auf eine Schiedsgerichtsabrede, die in Ziff. 11.2. des Vertrages Nr. 12 zwischen den Parteien vom 16.1.2004 (Anlage K 1, Bl. 8 GA) getroffen sein soll. Mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruchs (Bl. 27 GA) vorgelegt worden.
Die Antragstellerin beantragt, den Schiedsspruch des Einzelschiedsrichters Gheorghe Amihalachioaie vom 14.6.2012, durch den die Antragsgegnerin zur Zahlung von 11.665,77 EUR sowie 1.038,36 USD verurteilt worden ist, für vollstreckbar zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Sie hält den Antrag auf Vollstreckbarerklärung für unzulässig und rügt eine mangelnde Vollmacht der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin. Darüber hinaus - so die Antragsgegnerin - lägen die Voraussetzungen des § 1061 Abs. 1 und 2 ZPO nicht vor; der Schiedsspruch sei nicht verbindlich und vollstreckbar.
Eine wirksame Schiedsvereinbarung sei zudem nicht getroffen worden. Die vorgelegte Schiedsvereinbarung schließe die staatliche Gerichtsbarkeit nicht ausdrücklich aus; die Parteien hätten lediglich die Führung von Verfahren vor Gerichten ausgeschlossen. Die Antragsgegnerin hält die getroffene Vereinbarung insoweit für nicht hinreichend bestimmt; hilfsweise will sie die Klausel kündigen.
Darüber hinaus leide der Schiedsspruch daran, dass nur ein Schiedsrichter entschieden habe. Art. 10 Abs. 2 UNCITRAL schreibe vor, dass ein Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern besetzt sein müsse. Das Schiedsverfahren sei auch kein faires Verfahren gewesen, da der Antragsgegnerin die dem Schiedsverfahren zugrunde liegenden Verfahrensregeln nicht zur Kenntnis gelangt seien.
Auch habe das Schiedsgericht nicht in Englisch verhandelt und den Schiedsspruch statt in Englisch in Moldawisch/Rumänisch verfasst. Die Parteien hätten jedoch als maßgebliche Sprache für Rechtsstreitigkeiten Englisch vereinbart. Eine derartige Vereinbarung der Sprache sei gem. Art. 22 Abs. 1 S. 1 UNCITRAL vorrangig. Die Antragsgegnerin habe dies auch mit Schriftsatz vom 13.6.2012 im Schiedsverfahren gerügt (Anlage R 4, Bl. 82 GA).
Schließlich habe das Schiedsgericht auch nicht die in diesem Schriftsatz auf Englisch erklärte Aufrechnung mit einer Gegenforderung berücksichtigt. Der Antragsgegnerin sei rechtliches Gehör...