Entscheidungsstichwort (Thema)
Deutscher Reisepass für im Irak lebnedes deutsches Kind
Normenkette
BGB § 1628
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der am 17.1.2012 erlassene Beschluss des AG -Familiengericht- Brühl (35 F 339/11) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Dem Antragsteller wird die Befugnis übertragen, für das gemeinsame Kind O. S., geb. am 26.1.2002 die Ausstellung und gegebenenfalls Verlängerung eines deutschen Reisepasses allein zu beantragen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird mangels Bedürftigkeit zurückgewiesen.
Der Antragsgegnerin wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung Rechtsanwältin X. zur Verteidigung gegen die Beschwerde des Antragstellers bewilligt.
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Kindesvaters hat in der Sache Erfolg.
Der Antrag des Antragstellers, die Kindesmutter zu verpflichten, ihre Zustimmung zur Ausstellung/Verlängerung eines Reisepasses zu erklären, ist dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller eine Übertragung der alleinigen Entscheidungsbefugnis gem. § 1628 BGB in dieser Angelegenheit begehrt. Eine Verpflichtung eines Elternteils zur Zustimmung ist im Gesetz nicht vorgesehen.
Gemäß § 1628 BGB kann das Familiengericht in einer einzelnen Angelegenheit, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis übertragen, wenn sich die Eltern nicht einigen können. Wie das AG in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausführt, ist die Beantragung oder Verlängerung eines deutschen Reisepreises für das Kind O. von erheblicher Bedeutung. Die Eltern können sich in dieser Angelegenheit nicht einigen.
Aus Gründen des Kindeswohls ist es erforderlich, dem Kindesvater in dieser Angelegenheit die alleinige Entscheidungsbefugnis zu übertragen, um O. den Erhalt eines deutschen Reisepasses zu ermöglichen. O. besitzt auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Ausstellung eines deutschen Reisepasses ermöglicht ihr nicht nur eine weiter gehende Reisefreiheit, sondern auch den Schutz als deutsche Staatsangehörige im Ausland. Sie dient damit dem Wohl des im Ausland lebenden Kindes.
Ein mögliches Fehlverhalten des Kindesvaters bei der Ausreise des Kindes in den Irak ist nicht dadurch zu sanktionieren, dass dem Kind die Ausstellung eines deutschen Reisepasses verweigert wird. Der Senat stellt insofern klar, dass er das Verhalten des Antragstellers, nicht mit dem Kind gemeinsam zu einer Gerichtsverhandlung nach Deutschland zu reisen, ausdrücklich missbilligt. Entscheidend ist jedoch, dass O. die Möglichkeit erhalten soll, sich als deutsche Staatsangehörige auszuweisen. Nach dem inzwischen vorliegenden Bericht des Internationalen Sozialdienstes vom 16.2.2012 in dem Sorgerechtsverfahren 35 F 20/11 AG Brühl hat der Senat keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass das körperliche Wohl von O. im Irak gefährdet sein könnte. Die zehnjährige O. hat sich ausdrücklich für einen Verbleib beim Vater im Irak ausgesprochen. Mit zunehmendem Alter kann es für sie wichtig sein, dass ein auf sie ausgestellter Reisepass vorhanden ist, um einen besonderen Schutz als deutsche Staatsangehörige zu erfahren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.
Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten gegeneinander aufzuheben. Beide beteiligten Eltern haben zur Notwendigkeit des vorliegenden Verfahrens beigetragen. Der Antragsteller verweigert eine Einreise nach Deutschland mit der gemeinsamen Tochter und verhindert damit den Abschluss des Sorgerechtsverfahrens. Die Antragsgegnerin verweigert die Zustimmung zur Ausstellung eines deutschen Reisepasses als Druckmittel gegen den Kindesvater, ohne insoweit hinreichend auf die schützenswerten Belange der Tochter einzugehen.
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war mangels Bedürftigkeit zurückzuweisen. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Ausführungen in dem Beschluss des Senats vom 20.3.2012 in dem Beschwerdeverfahren 4 WF 8/12.
Fundstellen