Verfahrensgang

AG Wipperfürth (Entscheidung vom 27.09.2011; Aktenzeichen 10 F 194/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wipperfürth vom 27.09.2011 - 10 F 194/11 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die durch die Eltern der Antragstellerinnen für die in der Urkunde des Notars Dr. Q C in C1 vom 01.03.2011 (Urkunden-Nr. xxx/2011 x) erklärte Ausschlagung der Erbschaft nach der am 05.12.2010 mit letztem Wohnsitz in Erftstadt verstorbenen N W, geb. X, bedarf nicht der familiengerichtlichen Genehmigung gemäß § 1643 BGB.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen begehren die Bescheinigung, dass eine für sie von ihren sorgeberechtigten Eltern erklärte Erbausschlagung einer familiengerichtlichen Genehmigung nicht bedarf. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die am 05.12.2010 verstorbene Erblasserin, die ohne eigene Abkömmlinge blieb, hat testamentarisch die Kinder ihrer Brüder, darunter den Vater der Antragstellerinnen, zu je 1/5 zu Erben eingesetzt und als Ersatzerben, für den Fall des Vorversterbens oder den Wegfall als Erbe aus anderem Grund die jeweiligen Abkömmlinge des Weggefallenen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge berufen. Gleichzeitig setzte sie ihrem Ehemann, mit dem sie einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftete, ein Vermächtnis aus, das alle beweglichen Gegenstände des Betriebsvermögens einschließlich Zubehör sowie die Einrichtung des Wohnhauses umfasst und u. a. mit der Auflage verbunden ist, alle zum Zeitpunkt des Erbfalls bestehenden betrieblichen Verbindlichkeiten zu übernehmen.

Am 01.03.2011 erklärte der Vater für sich selbst und gemeinsam mit der Mutter die Erbausschlagung für die Antragstellerinnen. Ebenso verfuhren die weiteren Testamentserben und, soweit Abkömmlinge vorhanden waren, deren mitsorgeberechtigten Elternteile.

Im Rahmen derselben Urkunde schlossen die Testamentserben, darunter der Vater der Antragstellerinnen, und der Ehemann der Erblasserin, dem nach Vorstellung der Vertragsparteien durch die Erbausschlagungen kraft Gesetzes das Erbe allein zufällt, einen Abfindungsvertrag. Darin verpflichtet sich der Ehemann der Erblasserin, ein Grundstück und Kapitalbestände der Erblasserin auf die Testamentserben zu übertragen bzw. ihnen auszuzahlen. Die Urkunde enthält außerdem eine Erklärung des Ehemannes der Erblasserin über die Beantragung eines Erbscheins.

Nach Darstellung der Antragstellerinnen ist außerdem ein Erbvertrag zwischen dem Ehemann der Erblasserin und den Testamentserben abgeschlossen worden, wonach diese nach seinem Tod landwirtschaftliche Grundstücke als Vermächtnis mit dem Wert erhalten, der dem Wert der landwirtschaftlichen Grundstücke entspricht, die der Erblasserin gehört haben. Dabei sei gleichzeitig geregelt, dass die fünf Berechtigten die Grundstücke zu Alleineigentum erhalten oder zu Miteigentum, der Stamm des Ehemannes der Erblasserin an diesen Grundstücken jedenfalls nicht mehr beteiligt sei.

Als Hintergrund dieser Verfahrensweise wird das Ziel angegeben, zivilrechtlichen Auslegungsproblemen, die das Testament aufwirft, zu entgehen, mögliche Interessenkollisionen unter den Erben zu vermeiden und schließlich steuerliche Nachteile in mindestens sechsstelliger Höhe zu verhindern.

Der Ehemann der Erblasserin hat zwischenzeitlich unter Vorlage der notariellen Urkunde beim Amtsgericht Brühl die Erteilung eines Erbscheins beantragt. Die dortige Rechtspflegerin hat ihn daraufhin mit Schreiben vom 05.04.2011 aufgefordert, familiengerichtliche Genehmigungen beziehungsweise Negativatteste bezüglich der Ausschlagung der Erbschaft durch die minderjährigen Ersatzerben vorzulegen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 27.09.2011 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts - Familiengericht - Wipperfürth den deshalb gestellten Antrag der Antragstellerinnen auf Erteilung eines Negativattests zurückgewiesen. Der vorgetragene Sachverhalt erfülle zwar eindeutig den Gesetzestext des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach eine familiengerichtliche Genehmigung grundsätzlich nicht erforderlich sei, jedoch sei hier eine Ausnahme zu sehen, da ein werthaltiger Nachlass vorliege und bei der Ausschlagung für die Kinder nicht von gleich gerichteten Interessen des Vaters und der Kinder auszugehen sei. Der vorgetragene Sachverhalt sei in der Rechtsprechung bislang nicht behandelt, er sei jedoch mit dem Sachverhalt vergleichbar, in dem ein testamentarischer Erbfall ausgeschlagen werde, um im Wege der gesetzlichen Erbfolge den Erbanfall einem Elternteil in vollem Umfange zukommen zu lassen.

Gegen diesen ihren gesetzlichen Vertretern am 05.10.2011 zugestellten Beschluss haben die Antragstellerinnen mit am 31.10.2011 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt.

II.

Die Beschwerde ist gemäß den §§ 58 ff. FamFG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen dem angefochtenen Beschluss bedarf die Ausschlagung der Erbschaft der ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge