Leitsatz (amtlich)

Der Mittellose ist im WEG-Verfahren nicht verpflichtet, zunächst persönlich fristgerecht sofortige Beschwerde einzulegen. Er versäumt die Beschwerdefrist nicht schuldhaft, wenn er zunächst nur ein Prozesskostenhilfegesuch für eine beabsichtigte Beschwerde verbunden mit dem Antrag, ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen, einreicht und gleichzeitig ankündigt, nach Bescheidung dieses Gesuches Wiedereinsetzung beantragen und die Beschwerde durch den Rechtsanwalt einlegen lassen zu wollen.

 

Normenkette

FGG § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 15.08.2002; Aktenzeichen 29 T 76/01)

AG Kerpen (Beschluss vom 23.02.2001; Aktenzeichen 15 II 19/99)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen, soweit das LG ihre Erstbeschwerde gegen die Zurückweisung des Anfechtungsantrags zu TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 23.3.1999 als unzulässig verworfen hat.

Im Übrigen werden die Beschlüsse des AG Kerpen vom 23.2.2001 – 15 Abs. 2 19/99 und des LG Köln vom 15.8.2002 – 29 T 76/01 aufgehoben.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Erst- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das AG zurückverwiesen.

Der Geschäftswert für das Erst- und das Rechtsbeschwerdeverfahren wird unter Abänderung der Wertfestsetzung des LG auf 12.750 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit einem am 23.4.1999 eingegangenen Antrag beantragten die anwaltlich vertretenen Antragsteller die Beschlüsse zu TOP 3, 4, 5 und 8 der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.3.1999 für ungültig zu erklären und die Verwalterin zum Austausch von Außenbeleuchtungsanlagen zu verpflichten. Zugleich beantragten sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung und führten weiter aus, sie „werden beantragen, ihnen für das vorliegende Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.” Auf eine entsprechende Anfrage des AG in einer am 12.6.1999 zugestellten Verfügung vom 7.5.1999 erklärten die Antragsteller, dass der Antrag unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stehen solle. Mit einer am 26.10.1999 zugestellten Verfügung wies das AG die Antragsteller darauf hin, dass eine einstweilige Anordnung nicht ergehen könne, weil noch kein Hauptsache-, sondern nur ein Prozesskostenhilfeverfahren anhängig sei und dass noch keine Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragsteller eingereicht seien. Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgte, erteilte das AG den Antragstellern mit einer am 30.11.1999 zugestellten weiteren Verfügung vom 8.11.1999 die Auflage, binnen 3 Wochen die Prozesskostenhilfeunterlagen einzureichen oder den Gerichtskostenvorschuss einzuzahlen. Daraufhin haben die Antragsteller nach ihrer Darstellung mit einem am 22.12.1999 versandten Fax mitgeteilt, dass möglicherweise eine Rechtsschutzversicherung eingreife und die Unterlagen nach deren Stellungnahme eingereicht würden. Ein derartiges Fax ist allerdings nicht zu den Akten gelangt, und das AG wies mit einem am 2.2.2000 zugestellten Beschluss das Prozesskostenhilfegesuch mit der Begründung zurück, die Rechtsverfolgung der Antragsteller habe wegen einer Verwirkung des Anfechtungsrechts keine Aussicht auf Erfolg.

Hiergegen legten die Antragsteller am 17.2.2000 Beschwerde ein. Ferner teilte sie im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens mit, dass ihre Rechtsschutzversicherung wegen des Anfechtungsantrags zu TOP 8 Deckungsschutz gewähre. Mit Beschluss vom 15.12.2000 half das AG der Beschwerde ab und bewilligte den Antragstellern Prozesskostenhilfe. Nachdem im Termin zur mündlichen Verhandlung die Beteiligten wegen des Anfechtungsantrags zu TOP 4 die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, wies das AG mit einem am 5.3.2001 zugestellten Beschluss vom 23.2.2001 die übrigen Anfechtungsanträge mit der Begründung zurück, die Antragsteller hätten ihr Anfechtungsrecht verwirkt.

Mit einem am 19.3.2001 eingegangenen Schriftsatz haben die Antragsteller unter Einreichung von Unterlagen über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein Prozesskostenhilfegesuch für eine noch einzulegende sofortige Beschwere gegen den Beschluss vom 23.2.2001 gestellt. Dieses Gesuch haben sie mit einem am 19.4.2001 eingegangenen Schriftsatz mit der Begründung zurückgenommen, ein Miteigentümer habe sich bereit erklärt, die Kosten, soweit sie nicht von der Rechtsschutzversicherung übernommen würden, zu tragen. Zugleich haben sie sofortige Beschwerde eingelegt und wegen der Versäumung der Beschwerdefrist um Wiedereinsetzung nachgesucht. Dieses Rechtsmittel hat das LG unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 26.8.2002 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller vom 9.9.2002, die den Eingangsstempel vom 10.9.2002 trägt.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere rechtzeitig innerhalb der bis zum 9.9.2002 laufenden zweiwöchigen Frist des § 22 Abs. 1 FGG eingelegt worden. Die Beschwerdeschri...

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