Entscheidungsstichwort (Thema)

Erledigung in sonstiger Weise

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Verfügung, die Akten wegen Nichtbetreibens nach sechs Monaten wegzulegen, stellt nicht ohne weiteres eine Verfahrensbeendigung in sonstiger Weise dar.

2. Entscheidend ist der erkennbar gewordene Wille der Parteien im Einzelfall.

 

Normenkette

GKG § 5 Abs. 1 S. 1; AktO § 7 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 12.11.2013; Aktenzeichen 4 O 418/04)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Im Jahre 2004 leitete die Klägerin ein Mahnverfahren gegen die spätere Beklagte beim AG Schöneberg ein. Nach Widerspruch der Beklagten zahlte die Klägerin weitere 1.390 EUR bei der Gerichtskasse ein zusätzlich zu den bereits zuvor gezahlten 278 EUR, insgesamt 1.668 EUR (drei Gebühren nach Nr. 1210 KV-GKG). Sodann erfolgte die Abgabe an das Streitgericht, das LG Köln. Dieses bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 24.11.2004. Auf übereinstimmenden Wunsch der Parteien wurde der Termin wegen außergerichtlicher Vergleichsgespräche aufgehoben und mit Beschluss vom 23.11.2004 das Ruhen des Verfahrens mit dem Recht der jederzeitigen Wiederaufnahme angeordnet. Nachdem das Verfahren sechs Monate nicht betrieben worden war, wurde die Akte im Mai 2005 weggelegt und nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist im Juni 2011 vernichtet.

Mit einem am 20.12.2012 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in deren Namen die Rücknahme der Klage, da sich die Parteien außergerichtlich geeinigt hätten. Zugleich beantragte er die Erstattung nicht verbrauchter Gerichtskosten und teilte mit, die Beklagte werde keinen Kostenantrag stellen.

Der Bezirksrevisor erhebt die Einrede der Verjährung. Er ist der Ansicht, die Frist von vier Jahren gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. = § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG n.F. sei abgelaufen. Mit der Verfügung des Richters, dass die Akte wegen sechsmonatigem Nichtbetreibens des Verfahrens wegzulegen ist, sei die Frist in Lauf gesetzt worden. Diese habe mithin zu Beginn des Jahres 2006 begonnen, so dass der Anspruch auf Rückzahlung der Gerichtskosten mit Ablauf des 31.12.2009 verjährt gewesen sei.

Die Klägerin ist demgegenüber der Ansicht, das Verfahren sei nach der Anordnung des Ruhens durch die Verfügung, die Akten wegzulegen, nicht beendet oder erledigt worden, da es jederzeit wieder hätte aufgenommen werden können. Diese Wirkung sei erst durch die mit Schriftsatz vom 20.12.2012 erklärte Klagerücknahme eingetreten. Erst dadurch sei der Lauf der Verjährung in Gang gesetzt worden.

Auf die als Erinnerung gegen den Kostenansatz behandelte Eingabe der Klägerin hat das LG den Kostenansatz abgeändert und die Rückzahlung von 2,0 Gerichtsgebühren (1.112 EUR) angeordnet. Es hat ausgeführt, eine Beendigung des Verfahrens habe nicht vorgelegen, so dass die Verjährung erst durch die Klagerücknahme zu laufen begonnen habe.

Hiergegen richtet sich der Bezirksrevisor mit seiner Beschwerde.

II. Die gem. § 66 Abs. 3 Satz 1 GKG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG die Rückzahlung von zwei Gebühren i.H.v. insgesamt 1.112 EUR an die Klägerin angeordnet.

1. Die Frage, wann eine Verfahrensbeendigung "in sonstiger Weise" i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. = § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG n.F. vorliegt, wird nicht einheitlich beantwortet, insbesondere in der Literatur kaum problematisiert und erläutert.

a) Nach einer Entscheidung des OLG Schleswig (JB 1994, 680 = SchlHA 1994, 54) kann das Verfahren als beendet angesehen werden, wenn nach einem Aussetzungsbeschluss sechs Monate verstrichen sind, der Richter das Weglegen der Akten (§ 7 Abs. 3 AktO) anordnet und die Kostenabrechnung verfügt. Dem folgt die Kommentarliteratur ohne nähere Begründung (Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 2. Aufl., § 5 GKG Rz. 5; Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl., § 5 GKG Rz. 2; Meyer, GKG/FamGKG 2014, 14. Aufl., § 5 Rz. 6; Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG/FamGKG, Stand: Juli 2013, § 5 Rz. 4) mit dem Zusatz, "notfalls", "im Zweifel", "gegebenenfalls" sei der Parteiwille durch Nachfrage zu erforschen.

b) Das OLG Karlsruhe (Die Justiz 2013, 70) meldet Zweifel daran an, ob der Ablauf von sechs Monaten, in denen das Verfahren nicht betrieben wurde in Verbindung mit der Verfügung des Richters, die Akten wegzulegen, geeignet ist, das Verfahren als beendet i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. = § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG n.F. anzusehen. Es verweist darauf, dass es sich um einen rein gerichtsinternen Vorgang handelt, der den Parteien in der Regel gar nicht zur Kenntnis gebracht werde. Daher hält es das OLG Karlsruhe für erforderlich, im Einzelfall zu prüfen, ob auf Grund eines erkennbaren Willens der Parteien davon ausgegangen werden kann, dass das Verfahren als endgültig erledigt zu betrachten ist. Für den Fall der Unterbrechung nach § 240 ZPO könne jedenfalls von einer endgül...

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