Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 42 O 77/20) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 16.07.2021 - 42 O 77/20 - nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Es besteht für die Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die zulässige Berufung der Klägerin hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 16.07.2021 zu Recht die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Schadensersatzanspruch in Höhe von 933.044,51 EUR gemäß § 280 BGB wegen Verletzung der Pflichten aus dem Steuerberatervertrag.
Ihr ist insoweit jedenfalls kein Schaden entstanden.
1. Die Nichterstattung gezahlter Umsatzsteuer für das Jahr 2013 in Höhe von 731.799,61 EUR seitens des Finanzamts hat nicht zu einem entsprechenden Schaden der Klägerin geführt.
Dem steht nicht entgegen, dass nach den Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 22.08.2013 - V R 37/10 -, BFHE 243, 20, und vom 27.09.2018 - V R 49/17 -, BFHE 262, 571, in den sogenannten Bauträgerfällen - zu denen der vorliegende gehört - dem Bauträger (hier: der Klägerin) die von ihm auf die Leistungen der ausführenden Bauunternehmer abgeführte Umsatzsteuer auf Antrag hin ohne weiteres vom Finanzamt zu erstatten ist, weil die Steuererhebung beim Bauträger zu Unrecht erfolgt ist; richtigerweise ist Steuerschuldner der ausführende Bauunternehmer.
Das Bestehen des Erstattungsanspruchs der Klägerin gegenüber dem Finanzamt und die tatsächlich nicht erfolgte Erstattung begründen keinen von den Beklagten auszugleichenden Schaden. Die vorgenannten Umstände betreffen das steuerrechtliche Verhältnis der Klägerin zum Finanzamt. Für den vorliegenden Rechtsstreit ist hingegen das zivilrechtliche Verhältnis der Klägerin zu den Beklagten, ihren Steuerberatern, maßgeblich. Es kommt entscheidungserheblich darauf an, ob eine Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen des Steuerberatervertrages zu einem von den Beklagten nach den Grundsätzen des Zivilrechts zu ersetzenden Schaden geführt hat.
Die Parteien sind sich dahin einig, dass die Höhe eines Vermögensschadens zivilrechtlich in erster Linie nach der Differenzhypothese ermittelt wird; sie streiten darum, ob und ggf. inwiefern das hierbei gefundene Ergebnis durch normative bzw. wirtschaftliche Wertungen zu korrigieren ist. Hierauf kommt es jedoch bezüglich der Steuererstattung letztlich nicht an. Die insoweit durch das Schadensereignis (unterstellte Pflichtverletzung der Beklagten) geschaffene Vermögenslage der Klägerin entspricht derjenigen Vermögenslage, die ohne das schädigende Ereignis bestehen würde.
Infolge der - unterstellten - Pflichtverletzung der Beklagten hat die Klägerin vorliegend keine Umsatzsteuererstattung erhalten. Geht man davon aus, dass die Klägerin bei pflichtgemäßem Handeln der Beklagten die fragliche Steuererstattung erhalten hätte, würde sich ihre Vermögenslage gleichwohl nicht günstiger darstellen. Sie wäre dann nämlich gleichzeitig mit einem Nachforderungsanspruch der Bauunternehmer in Höhe der Steuererstattung belastet gewesen, der ihren Vermögenszuwachs wieder aufhebt.
Nach § 27 Abs. 19 UStG haben die Finanzbehörden im Falle der Umsatzsteuererstatung an den Bauträger die Bauunternehmer als Steuerschuldner heranzuziehen. Das Finanzamt darf die Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer allerdings nur dann ändern, wenn diesem ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger (Bauträger) zusteht; die Korrektur der bis dahin fehlerhaft erfolgten Umsatzsteuererhebung soll ohne eine zusätzliche Belastung des Bauunternehmers und ohne steuerrechtliche Zufallsgewinne ("windfall-profits") des Bauträgers erfolgen (BFH, Urteil vom 23. Februar 2017 - V R 16, 24/16 -, BFHE 257, 177, bei juris insb. Rn. 24, 39, 57).
Der Bundesfinanzhof hat daher in der vorgenannten Entscheidung für den Fall eines Erstattungsantrages des Bauträgers einen Anspruch des Bauunternehmers gegen den Bauträger auf Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB bezüglich des vereinbarten Werklohns in Höhe der Steuererstattung angenommen.
Für den hier maßgeblichen Bereich des Zivilrechts hat der Bundesgerichtshof einen entsprechenden Nachforderungsanspruch des Bauunternehmers im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bejaht; der Nachforderungsanspruch entsteht mit Eintritt der Gefahr, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner die Umsatzsteuer abführen zu müssen; diese Gefahr tritt mit der Stellung des Erstattungsantrages des Bauträgers gegenüber dem Finanzamt ein (BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 - VII ZR 157/17 -, NJW 2018, 2469, Rn. 38 bei juris).
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihr die Steuererstattung für das Jahr 2013 im vorliegenden Fall gleichwohl habe verbleiben sollen, weil ...