Leitsatz (amtlich)
1. Hat das LG in einer Landwirtschaftssache (§ 1 Nr. 1a LwVG) entschieden, so hat über die dagegen eingelegte Berufung der zuständige Zivilsenat des OLG, nicht aber der Landwirtschaftssenat zu entscheiden.
2. Eine nach § 281 ZPO ausgesprochene Verweisung entfaltet keine Bindung, wenn das verweisende Gericht von der Gesetzeslage oder ganz einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum abweicht, ohne dies gesehen und die eigene Auffassung begründet zu haben.
Normenkette
LwVG § 1; ZPO § 281
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 5 O 229/01) |
Nachgehend
Tenor
1. Der Senat lehnt die Übernahme der Sache aufgrund des Beschlusses des OLG Düsseldorf v. 2.5.2002 – 10 U 44/02 ab und gibt die Sache an das zuständige OLG Düsseldorf zurück.
2. Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des LG Düsseldorf v. 13.2.2002 – 5 O 229/01 wird bis zur abschließenden Klärung der Frage, welches Gericht im Berufungsverfahren zuständig ist, einstweilen eingestellt.
Gründe
1. Der Senat lehnt die Übernahme der Sache ab.
Für das Berufungsverfahren ist nicht – wie das OLG Düsseldorf in seinem Verweisungsbeschluss vom 2.5.2002 meint – der Landwirtschaftssenat des OLG Köln, sondern das (auch örtlich zuständige) OLG Düsseldorf als Berufungsgericht in allgemeinen Zivilsachen zuständig. Zwar handelt es sich um eine Landwirtschaftssache (§ 1 Nr. 1a LwVG). Erstinstanzlich hat aber das LG Düsseldorf als allgemeine Zivilkammer entschieden. Über die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG vom 13.2.2002 hat nach dem zwingend vorgesehenen Instanzenzug das zuständige OLG zu entscheiden (§§ 119 Abs. 1 Nr. 2, 122 GVG). Nur über Berufungen gegen Urteile des Landwirtschaftsgerichte entscheidet nach § 2 LwVG der Landwirtschaftssenat des OLG. Insoweit geht es im Rahmen des vorgesehenen Rechtsmittelzuges um die funktionelle Zuständigkeit bestimmter, jeweils unterschiedlich zusammengesetzter Spruchkörper (§ 122 GVG, § 2 Abs. 2 LwVG), die allein und zwingend daran anknüpft, welches Gericht erstinstanzlich entschieden hat. Es kommt nicht darauf an, ob der Sache nach in erster Instanz das Landwirtschaftsgericht hätte entscheiden müssen, sondern allein darauf, dass im vorliegenden Fall das LG entschieden hat. Das entspricht auch der in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung sowie der Literatur einhellig vertretenen Auffassung (vgl. BGH v. 13.12.1991 – LwZR 2/91, MDR 1992, 610 = RdL 1992, 44 = AgrarR 1992, 339 = NJW-RR 1992, 1152 = WM 1992, 841; OLG Naumburg AgrarR 1994, 25; OLG Rostock v. 14.1.1997 – 4 U 215/95, OLGReport Rostock 1997, 137 = AgrarR 1997, 257; Barnstedt/Steffen, LwVG, 6. Aufl., § 2 Rz. 4). Aus der Zuständigkeitsregelung in § 2 der VO NW vom 25.8.1977 (GV S. 342), mit der die den Oberlandesgerichten zugewiesenen Entscheidungen in Landwirtschaftssachen für die Bezirke der OLG Düsseldorf und Köln dem OLG Köln übertragen worden sind, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Denn diese Regelung betrifft nur die örtliche Zuständigkeit; sie setzt jedoch die funktionelle Zuständigkeit des Landwirtschaftssenats nach den angeführten gesetzlichen Bestimmungen voraus.
Die nach § 281 ZPO ausgesprochene Verweisung der Sache an den danach unzuständigen Landwirtschaftssenat entfaltet keine Bindung nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO. Es ist anerkannt, dass keine Bindung eintritt, wenn das verweisende Gericht von der Gesetzeslage oder der ganz einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum abweicht, ohne dies gesehen und die eigene Auffassung begründet zu haben (KG v. 24.3.1999 – 28 AR 28/99, KGReport Berlin 2000, 68; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 281 Rz. 17 jew. m.w.N.). Dem Verweisungsbeschluss muss zu entnehmen sein, dass sich das Gericht mit der einhelligen Gegenansicht auseinandergesetzt hat. Das ist hier nicht der Fall. Die Verweisung widerspricht nicht nur der eindeutigen Gesetzeslage, sondern auch der einhellig vertretenen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur. Der Beschluss des OLG Düsseldorf lässt eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der allgemein vertretenen gegenteiligen Auffassung vermissen. Vielmehr hat das OLG Düsseldorf die Zuständigkeit des Landwirtschaftssenats ohne jegliche Begründung unterstellt. Aus der vom ihm herangezogenen VO NW vom 25.8.1977 lässt sich zur Begründung der funktionellen Zuständigkeit des Landwirtschaftssenats offensichtlich nichts herleiten.
Aus diesen Gründen ist der Senat an die Verweisung nicht gebunden. Er lehnt die Übernahme deshalb ab (dazu Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 281 Rz. 13).
2. Der Senat stellt die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des LG bis zur abschließenden Klärung der Zuständigkeit des Berufungsgerichts nach den §§ 719, 707 ZPO ohne Sicherheitsleistung einstweilen ein. Dies erscheint unabhängig von der Erfolgsaussicht der Rechtsmittels erforderlich, um den Beklagten im Hinblick auf die unmittelbar drohende Zwangsvollstreckung nicht rechtlos zu stellen und ihn vor einem nicht rückg...