Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorzeitiger Zugewinnausgleich: Folgen der Erledigung eines Verfahrens auf vorzeitigen Zugewinnausgleich durch Rechtskraft des Ehescheidungsurteils
Leitsatz (redaktionell)
Hat sich ein Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich durch die Rechtskraft der Ehescheidung erledigt, sind weitere Klageanträge dahingehend auszulegen, dass das Verfahren nunmehr als Verfahren auf endgültigen Zugewinnausgleich fortgeführt werden soll (konkludente Klageänderung).
Normenkette
ZPO § 626 Abs. 2, § 623 Abs. 4 S. 1; BGB §§ 1384, 1387
Verfahrensgang
AG Bergheim (Urteil vom 28.02.2008; Aktenzeichen 61 F 315/99) |
Tenor
Die Parteien werden gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des AG - FamG - Bergheim vom 28.2.2008 (61 F 315/99) gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.
Gründe
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des AG - FamG - Bergheim vom 28.2.2008 hat keine Aussicht auf Erfolg. Darüber hinaus greifen sämtliche Erfordernisse des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie Satz 2 ZPO nicht ein. Weder hat der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Das AG - FamG - hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von Zugewinnausgleich i.H.v. 200.000 EUR nebst Zinsen und Übertragung seines Hälfteanteils an dem Grundstück in Q an die Klägerin verurteilt.
Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das AG für die Berechnung des Zugewinns zu Recht auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des ursprünglichen Scheidungsantrags des Beklagten im Verfahren 61 AF 64/95, mithin auf den 11.5.1995, abgestellt. Dieser Stichtag ist bereits durch das Urteil des Senats vom 29.10.2001 (21 UF 17/01) bestätigt worden. Dort hat der Senat dargelegt, dass sich der Stichpunkt für den vorzeitigen Zugewinnausgleich gem. § 1384 BGB nach dem Tag der Zustellung des ursprünglichen Scheidungsantrags richtet, weil die ursprüngliche Folgesache Güterrecht aus dem ersten Scheidungsverfahren der Parteien abgetrennt und dieses ursprüngliche Verbundverfahren Zugewinn als selbständiges Klageverfahren, nämlich als Klage auf Zahlung von vorzeitigem Zugewinn fortgeführt worden war. Dass auf den Tag der Zustellung des ersten Scheidungsantrages und nicht auf die Rechtshängigkeit des neuen Scheidungsantrag abzustellen ist, wenn dem Antragsgegner gem. § 626 Abs. 2 ZPO vorbehalten wurde, die Folgesache Zugewinn als selbständige Familiensache fortzuführen, entsprach und entspricht auch heute noch der herrschenden Meinung (KG FamRZ 2005, 806; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 466, OLG Bamberg FamRZ 1997, 92; Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearbeitung 2007, § 1384 Rz. 8, § 1387 Rz. 4).
Hiervon abzuweichen besteht kein Anlass. Der Senat folgt auch heute nicht der Auffassung des OLG Bremen (FamRZ 1998, 1516), das den Stichtag des neuen Scheidungsantrags zugrunde legt, wenn der Ehegatte, zu dessen Nachteil es gereichen würde, dass der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages maßgebend wäre, keine Möglichkeit hat, die Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens zu beseitigen, weil über seinen Scheidungsantrag bereits verhandelt worden ist und der Gegner der Rücknahme des Scheidungsantrags nicht zugestimmt hat. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 29.10.2001 dargelegt, dass der Sachverhalt, der dem Urteil des OLG Bremen zugrunde lag, nicht mit dem hiesigen Sachverhalt vergleichbar ist. Im hiesigen Verfahren war über den Scheidungsantrag des Ehemannes gerade nicht verhandelt worden und die Ehefrau hatte sich auch nicht geweigert, der Rücknahme des Antrages zuzustimmen. Der Ehemann hatte den Antrag vielmehr erfolgreich zurückgenommen. Anders als in dem Verfahren vor dem OLG Bremen hat es im vorliegenden Verfahren ein neues Scheidungsverfahren gegeben. In dem Fall des OLG Bremen war dagegen der erste Scheidungsantrag nicht wirksam zurückgenommen worden. Deshalb hatte das OLG Bremen die Zustellung des neuen Scheidungsantrags als Zeitpunkt der Wiederaufnahme des ersten Verfahrens (§§ 250, 251 ZPO) gewertet.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist nicht gem. § 1384 BGB auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrages im Jahre 2000 abzustellen, weil die Ehe der Parteien hier letztlich auf den im Jahr 2000 zugestellten neuen Scheidungsantrag der Ehefrau vom 29.9.1999 geschieden wurde. Denn das nach der Abtrennung aus dem Verbundverfahren als selbständige Familiensache auf vorzeitigen Zugewinnausgleich fortgeführte Verfahren auf Zugewinnausgleich hat durch die inzwischen am 27.12.2003 eingetretene Rechtskraft der Scheidung nicht seine Bedeutung verloren. Der Senat ist ebenso wie das AG der Auffassung, dass die Möglichkeit, nach Rücknahme eines Scheidungsantrags gem. § 626 Abs. 2 ZPO einer Partei vorzubehalten, eine Folgesache als selbständiges Verfahren fortzuführen, der Prozessökonomie ...