Leitsatz
Das erstinstanzliche Gericht hatte den Beklagten zur Zahlung von Zugewinnausgleich i.H.v. 200.000,00 EUR nebst Zinsen und Übertragung eines Hälfteanteils an einem Grundstück an die Klägerin verurteilt. Für die Berechnung des Zugewinns hatte es auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des ursprünglichen Scheidungsantrages des Beklagten, auf den 11.5.1995, abgestellt. Hiergegen wandte sich der Beklagte mit seiner Berufung und vertrat die Auffassung, bei der Berechnung des Zugewinns sei auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrages im Jahre 2000 abzustellen, weil die Ehe der Parteien letztendlich auf den im Jahre 2000 zugestellten neuen Scheidungsantrag der Ehefrau vom 29.9.1999 geschieden worden sei.
Sein Rechtsmittel war nicht erfolgreich.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, das AG habe für die Berechnung des Zugewinns zu Recht auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des ursprünglichen Scheidungsantrages des Beklagten, mithin auf den 11.5.1995, abgestellt. Die ursprüngliche Folgesache Güterrecht sei aus dem 1. Scheidungsverfahren der Parteien abgetrennt und dieses ursprüngliche Verbundverfahren Zugewinn als selbständiges Klageverfahren, als Klage auf Zahlung von vorzeitigem Zugewinnausgleich, fortgeführt worden. Dass auf den Tag der Zustellung des ersten Scheidungsantrages und nicht auf die Rechtshängigkeit des neuen Scheidungsantrages abzustellen sei, wenn dem Antragsgegner gemäß § 626 Abs. 2 ZPO vorbehalten werde, die Folgesache Zugewinn als selbständige Familiensache fortzuführen, entsprach und entspreche auch heute noch der herrschenden Meinung (KG FamRZ 2005, 806; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 466, OLG Bamberg FamRZ 1997, 92; Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearbeitung 2007, § 1384 Rz. 8, § 1387 Rz. 4). Das OLG sah keine Veranlassung, von dieser Auffassung abzuweichen. Dies unter Hinweis auf eine andere Auffassung des OLG Bremen (FamRZ 1998, 1516), das den Stichtag des neuen Scheidungsantrages zugrunde lege, wenn der Ehegatte, zu dessen Nachteil es gereichen würde, dass der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages maßgebend wäre, keine Möglichkeit hätte, die Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens zu beseitigen, weil über seinen Scheidungsantrag bereits verhandelt worden sei und der Gegner der Rücknahme des Scheidungsantrages nicht zugestimmt habe.
Der dort zu Grunde liegende Sachverhalt sei im Übrigen mit dem hiesigen nicht vergleichbar. Im hiesigen Verfahren sei über den Scheidungsantrag des Ehemannes gerade nicht verhandelt worden, die Ehefrau habe sich auch nicht geweigert, der Rücknahme des Antrages zuzustimmen. Der Ehemann habe den Antrag vielmehr erfolgreich zurückgenommen. Anders als in dem Verfahren vor dem OLG Bremen habe es im vorliegenden Fall ein neues Scheidungsverfahren gegeben. In dem Fall des OLG Bremen hingegen sei der erste Scheidungsantrag nicht wirksam zurückgenommen worden. Deswegen habe das OLG Bremen die Zustellung des neuen Scheidungsantrages als Zeitpunkt der Wiederaufnahme des ersten Verfahrens (§§ 250, 251 ZPO) gewertet.
Anders als von dem Beklagten vertreten sei nicht gemäß § 1384 BGB auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrages im Jahre 2000 abzustellen. Dass nach der Abtrennung aus dem Verbundverfahren als selbständige Familiensache auf vorzeitigen Zugewinnausgleich fortgeführte Verfahren auf Zugewinnausgleich habe durch die inzwischen am 27.12.2003 eingetretene Rechtskraft der Scheidung nicht seine Bedeutung verloren. Das OLG vertrat ebenso wie das erstinstanzliche Gericht die Auffassung, dass die Möglichkeit, nach Rücknahme eines Scheidungsantrages gemäß § 626 Abs. 2 ZPO einer Partei vorzubehalten, eine Folgesache als selbständiges Verfahren fortzuführen, der Prozessökonomie diene und dieses Ziel nicht dadurch wieder zunichte gemacht werden solle, dass nach Stellung eines weiteren Scheidungsantrages der maßgebliche Berechnungsstichtag geändert werde (vgl. hierzu Zöller/Philippi, 26. Aufl., § 626 Rz. 8; OLG Stuttgart FamRZ, 714 m.w.N.).
Das vorliegende Klageverfahren sei entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung der Parteien am 27.12.2003 unzulässig geworden.
Das Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich habe sich durch die Rechtskraft der Ehescheidung erledigt. Weitere Klageanträge der Ehefrau seien dahingehend zu interpretieren, dass sie das Verfahren nunmehr als Verfahren auf endgültigen Zugewinnausgleich fortführen wolle. Dieser konkludenten Klageänderung habe das AG auch durch das angefochtene Urteil zu Recht entsprochen, da die Klageänderung angesichts des bei Rechtskraft des Scheidungsurteils schon fortgeschrittenen Zugewinnausgleichsprozesses sachdienlich sei.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 27.05.2008, 21 UF 43/08