unanfechtbar
Leitsatz (amtlich)
Die Errichtung eines Wintergartens durch Verglasung einer Terrasse stellt grundsätzlich eine bauliche Veränderung dar, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht und nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer zulässig ist.
Normenkette
WEG § 22 Abs. 1 S. 1
Gründe
Die zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, 22, 27, 29 FGG) ist in der Sache erfolglos.
Dabei versteht der Senat den von den Antragsgegnern gestellten Antrag dahingehend, daß sich die Rechtsbeschwerde insoweit gegen den die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigenden Beschluß des Landgerichts richten soll, sie zur Beseitigung des Wintergartens verpflichtet worden sind. Im übrigen sind die Antragsgegner, nachdem bereits das Amtsgericht den Antrag auf Rückversetzung der Heizungsanlage zurückgewiesen hat, durch den Beschluß des Landgerichts – in diesem Punkt – nicht beschwert.
Ohne Rechtsfehler (§ 27 FGG, 550 ZPO) sind das Amtsgericht und das Landgericht übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, daß die Antragstellerin von den Antragsgegnern die Beseitigung des von ihnen zur Gartenseite hin im Obergeschoß errichteten Wintergartens verlangen kann.
Bei der Errichtung des Wintergartens handelt es sich um eine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 S. 1 WEG, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht. Zu baulichen Veränderungen gehören insbesondere Veränderungen an der äußeren Gestaltung des Gebäudes, also des architektonischen, ästhetischen Bildes des Bauwerks (vgl. Weitnauer WEG, 8.Aufl, § 22 Rn. 6). Eine solche Veränderung an der äußeren Gestaltung des Gebäudes ist hier mit der Balkonverglasung in Form des Wintergartens vorgenommen worden (vgl. Senat WE 1990, S. 172 und die weiteren Nachweise der Rspr. bei Weitnauer WEG, 8. Aufl., Rn. 10, Stichworte: Balkonverglasung, Wintergarten).
Bauliche Veränderungen, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehen, sind grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer zulässig, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG. Die Zustimmung der Antragstellerin ist hier auch nicht nach § 22 Abs. 1 S. 2 WEG entbehrlich. Dies ist dann der Fall, wenn aus der Maßnahme für den betroffenen Wohnungseigentümer i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG kein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Das bedeutet, daß ein Wohnungseigentümer das ihm durch das Einstimmigkeitsprinzip eingeräumte Vetorecht nur dann nicht ausüben darf, wenn er daran kein verständiges Interesse hat, weil die Maßnahme, die er verhindern will, ihn nicht oder in nicht rechtserheblicher Weise beeinträchtigt (vgl. Weitnauer a.a.O., § 22 Rn. 12 m.w.N.). Hiervon kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden. Wie die vorgelegten Fotos dokumentieren, wird das äußere Bild des Wohnhauses durch die Anbringung des Wintergartens in ganz erheblicher Weise verändert. Die Maßnahme ist auch, wie sich aus den Fotos ebenfalls ergibt, jedenfalls von der Gartenseite her nicht zu übersehen. Als hinnehmbare Maßnahmen können allenfalls solche Änderungen in Betracht kommen, die die optische Gestaltung nur in geringem Maße verändern (vgl. die Nachweise bei Weitnauer, a.a.O., Rn. 14).
Die Antragsgegner können sich auch nicht darauf berufen, das Beseitigungsverlangen der Antragstellerin verstoße gegen Treu und Glauben, § 242 BGB. Das Landgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, daß sie weder die Antragstellerin rechtzeitig unterrichtet noch die gerichtliche Unterlassungsverfügung in irgendeiner Weise beachtet haben. Angesichts des Umfangs der Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes verstößt das Verlangen der Antragstellerin auch nicht gegen das Schikaneverbot des § 226 BGB. Das Verlangen der Antragstellerin stellt sich auch nicht schon deswegen als reine Schikane dar, weil sie ihrerseits – im Wege einer vergleichsweisen Regelung – bereit ist, den Wintergarten hinzunehmen, wenn ihr die Antragsgegner bei anderen, von ihr angestrebten Änderungen im Gemeinschaftsverhältnis entgegenkommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Für die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten bestand keine Veranlassung.
Wert der weiteren Beschwerde: 70.000.– DM.
Fundstellen