Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige Einlegung der Beschwerde beim Beschwerdegericht

 

Leitsatz (amtlich)

"Ist nach § 64 FamFG die Beschwerde beim Vordergericht einzulegen und hierüber in der Rechtsmittelbelehrung korrekt belehrt worden, so steht die Einlegung der Beschwerde beim Beschwerdegericht einem Verschulden i.S.d. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 233 ZPO nur dann entgegen, wenn der Beschwerdeschrift eine Abschrift des angegriffenen Beschlusses beigefügt war."

 

Normenkette

FamFG § 64

 

Verfahrensgang

AG Jülich (Beschluss vom 31.05.2013; Aktenzeichen 10 F 647/12)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 31.5.2013 erlassenen Beschluss des AG -Familiengerichts- Jülich (10 F 647/12) wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des Antragsgegners auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahrens wird auf 4.800 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegen den ihm am 3.6.2013 zugestellten Scheidungsverbundbeschluss des AG Jülich vom 31.5.2013 (10 F 647/12), auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 1.7.2013 (Bl. 167 d.A.) durch Zusendung per Telefax an das OLG Köln Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdeschrift wurde der Beschluss mit Datum und Aktenzeichen gekennzeichnet, ohne nähere Angaben zu Art oder Inhalt des Beschlusses zu machen, oder den Beschluss in Kopie der Telefaxsendung beizufügen. Am 3.7.2013 ist das Original der Beschwerdeschrift samt einer Originalausfertigung des angegriffenen Beschlusses beim OLG eingegangen (Bl. 169 d.A.), welches diese sodann am 8.7.2013 an das AG Jülich weitergeleitet hat.

Nach gerichtlichem Hinweis vom 24.7.2013 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerdeeinlegung (Bl. 175 d.A.) hat der Antragsgegner unter dem 30.7.2013 beim AG Jülich Wiedereinsetzung beantragt (Bl. 178 f. d.A.) und zur Begründung ausgeführt, aus Vorverfahren, insbesondere dem Gewaltschutzverfahren AG Jülich 10 F 769/12 (OLG Köln 12 WF 17/13) müsse dem Senat klar gewesen sein, dass es um das Scheidungsverfahren gegangen sei.

II. Das Rechtsmittel ist gem. §§ 522 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO, 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG als unzulässig zu verwerfen, weil die Beschwerde verspätet, nämlich erst am 8.7.2013 beim AG Jülich eingegangen ist. Die angefochtene Entscheidung ist am 3.6.2013 zugestellt worden. Die Rechtsmittelfrist endete am 3.7.2013 (§ 63 FamFG).

Der zulässig gestellte Wiedereinsetzungsantrag bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der Antragsgegner nicht ohne Verschulden an der Fristeinhaltung gehindert war (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 233 ZPO). Ist nach § 64 FamFG die Beschwerde beim Vordergericht einzulegen und hierüber in der Rechtsmittelbelehrung korrekt belehrt worden, so steht die Einlegung der Beschwerde beim Beschwerdegericht einem Verschulden i.S.d. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 233 ZPO nur dann entgegen, wenn der Beschwerdeschrift eine Abschrift des angegriffenen Beschlusses beigefügt war (BGH, Beschl. v. 17.11.2011 - XII ZB 50/11, zitiert nach juris, Rz. 22 - 26). Nur bei Beifügung des angegriffenen Beschlusses ist nämlich für das Beschwerdegericht im Rahmen seiner dem Grundsatz des fairen Verfahrens entfließenden Fürsorgepflichten ohne weiteres erkennbar, dass es sich um eine irrtümlich beim unzuständigen Gericht eingelegte Beschwerde handelt (BGH, a.a.O.), zumal in den Fällen der §§ 76 Abs. 2, 88 Abs. 4, 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4, 567, 569 ZPO die Einlegung beim Beschwerdegericht zulässig gewesen wäre.

Vorliegend war dagegen für das Beschwerdegericht nicht zu erkennen, was für eine Art Beschluss angegriffen werden sollte. Obschon in der Beschwerdeschrift ausgeführt wird, der Beschluss sei beigefügt, war dies beim Fax-Eingang vom 1.7.2013 (Bl. 162 d.A.) nicht der Fall. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners konnte aus dem vorangegangenen Beschwerdeverfahren 12 WF 17/13 nicht geschlossen werden, dass mit der nunmehrigen Beschwerde ein Scheidungsverbundbeschluss angegriffen werden soll. Eine Pflicht zur Weiterleitung besteht nur, wenn die irrtümliche Einlegung beim Beschwerdegericht ohne weiteres bzw. leicht und einwandfrei zu erkennen ist (BGH, a.a.O., Rz. 20-26; BGH, Beschl. v. 26.6.2013 - XII ZB 83/13, zitiert nach juris, Rz. 14). Dies ist nur dann der Fall, wenn sich die Unzuständigkeit bereits aus der Beschwerdeschrift selbst ergibt (BGH Beschl. v. 17.11.2011 - XII ZB 50/11, zitiert nach juris, Rz. 26), was vorliegend gerade nicht der Fall war.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners kann auch nicht erwartet werden, dass dem Beschwerdegericht jede Namensübereinstimmung von Beteiligten eines neuen Verfahrens mit denjenigen eines abgeschlossenen vergangenen Verfahrens ohne weiteres auffällt, erst recht nicht, dass auf dieser Grundlage Kenntnisse über weitere Verfahren und deren...

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