Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Bergisch Gladbach zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung des berauschenden Mittels Cannabis zu einer Geldbuße von 200,00 € verurteilt und ihm - verbunden mit der Anordnung nach § 25 Abs. 2 a StVG - für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen.
Mit der Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt.
II.
Das gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsmittel begegnet hinsichtlich seiner Zulässigkeitsvoraussetzungen keinen Bedenken. Es hat auch in der Sache (vorläufigen) Erfolg, indem es gemäß §§ 353 StPO, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (§ 79 Abs. 6 OWiG) führt.
1.
Der Betroffene beanstandet zu Recht, dass die Hauptverhandlung in Abwesenheit einer Person stattgefunden hat, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, und somit der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO vorliegt, so dass vom Beruhen der Entscheidung auf einem Verfahrensmangel auszugehen ist (vgl. dazu Senge, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Aufl., § 79 Rdnr. 109 m. w. Nachw.).
Die Hauptverhandlung, auf der das angefochtene Urteil beruht, ist in Abwesenheit des Verteidigers durchgeführt worden, obwohl ein Fall der notwendigen Verteidigung gemäß §§ 140 Abs. 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG vorlag.
a)
Die entsprechende Rüge ist - entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft - in einer den Anforderungen der §§ 344 Abs. 2 S. 2 StPO, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG genügenden Weise ausgeführt. Dem Vorbringen des Betroffenen ist nämlich mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, dass er während der gesamten Dauer der Verhandlung ohne Beistand eines Verteidigers gewesen ist. Es wird ausdrücklich vorgetragen, dass die Hauptverhandlung in Abwesenheit des (notwendigen) Verteidigers stattgefunden hat, nachdem über einen Beiordnungsantrag nicht entschieden worden war, und dass der Betroffene sich bedingt dadurch mit schwierigen Sach- und Rechtsfragen in der Hauptverhandlung habe allein auseinandersetzen müssen. Weiterer Ausführungen zu “entsprechenden Protokollstellen„, die - wie das Protokoll insgesamt - nur dem Beweis für das Rügevorbringen dienen können, bedurfte es nicht.
Darüber hinaus ist dem Zusammenhang der Ausführungen, namentlich mit Blick auf den Beiordnungsantrag, zu entnehmen, dass die Hauptverhandlung gegen den Willen des Betroffenen und des Verteidigers in dessen Abwesenheit durchgeführt worden ist (vgl. dazu Senge a. a. O. m. w. Nachw.).
b)
Die Mitwirkung eines Verteidigers an der Hauptverhandlung war im Hinblick auf die Frage der Verwertbarkeit der Ergebnisse aus der Untersuchung der dem Betroffenen entnommenen Blutprobe wegen der damit verbundenen Schwierigkeit der Rechtslage geboten.
Der Senat folgt insoweit der Auffassung des OLG Bremen (NStZ-RR 2009, 353 = StV 2011, 83 = DAR 2009, 710) und des OLG Brandenburg (NJW 2009, 1287), wonach von einem Fall notwendiger Verteidigung auszugehen ist, wenn in der Hauptverhandlung eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich ist, ob das Ergebnis eines Blutalkoholgutachtens wegen Verletzung des Richtervorbehalts einem Verwertungsverbot unterliegt (vgl. a. OLG Hamm BeckRS 2010, 05625 = NStZ-RR 2009, 353 Ls = DAR 2009, 710). Dazu mag in der obergerichtlichen Rechtsprechung mittlerweile zu den Grundzügen eine weitgehende Klärung herbeigeführt worden sein (vgl. aber etwa Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. 2011, § 81a Rdnr. 25b:“uneinheitliche Rspr kaum noch überschaubar„; Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 5. Aufl. 2011, Rdnr. 635:“Die zu der gesamten Problematik nach nunmehr mehr als drei Jahren vorliegende Rechtsprechung ist inzwischen unüberschaubar geworden.„). Dennoch sind in einem solchen Fall umfangreiche und komplizierte Erwägungen anzustellen (OLG Hamm a. a. O.), zu denen die Verteidigungsfähigkeit eines 23jährigen Betroffenen im Regelfall nicht ausreichen wird. Dass es sich hier ausnahmsweise anders verhalten haben sollte, ist durch nichts belegt.
2.Einer Erörterung der weiter erhobenen Rügen bedarf es danach nicht.
Der Senat weist aber für die neue Hauptverhandlung auf folgende Gesichtspunkte hin:
a)Das Amtsgericht ist in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass der Zeuge L. “zu Recht seine Eilkompetenz in Anspruch nahm„, also eine Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch Verzögerung angenommen hat.
Diese Auffassung erscheint nicht unbedenklich im Hinblick darauf, dass die Kontrolle des Betroffenen um 19.15 Uhr stattfand und der richterliche Eildienst nach der AV des Justizministers vom 15.05.2007 (JMBl. NRW S. 165, dort Ziff. 1.1.) erst um 21:00 Uhr endet. Selbst wenn zur Einholung einer richterlichen Entscheidung aufgrund der Praxi...