Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 3 O 28/17)

 

Tenor

1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Kläger gegen das am 09.05.2017 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Bonn zum Aktenzeichen 3 O 28/17 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

2. Die Kläger erhalten Gelegenheit, zu dem Hinweis bis zum 28.12.2017 Stellung zu nehmen. Sie mögen innerhalb dieser Frist auch mitteilen, ob die Berufung zur Vermeidung weiterer Kosten zurückgenommen wird.

 

Gründe

Die Berufung hat nach dem derzeitigen Stand der Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO).

Der Senat erachtet die Klage in Übereinstimmung mit dem Landgericht als unbegründet, da dem Widerruf der Kläger ungeachtet der Fehlerhaftigkeit der sogenannten "frühestens"-Belehrung der - von beiden Parteien (vgl. Klageerwiderung, Bl. 25 d.A., und Replik, Bl. 34 d.A.) sowie dem Landgericht (Hinweis vom 15.03.2017, Bl. 41 d.A.) auch schon vor der mündlichen Verhandlung in erster Instanz thematisierte - Einwand der Verwirkung entgegensteht; der mit der Berufungsbegründung (auch) geltend gemachte Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht ist damit ersichtlich fehl am Platz.

1. Die für die Behandlung des Verwirkungseinwandes bei widerrufenen Verbraucherdarlehensverträgen maßgeblichen Grundsätze sind durch gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt (vgl. insbesondere BGH, Urteil vom 12.07.2016, XI ZR 501/15, MDR 2016, 1194, zitiert nach juris, Rn. 41; Urteil vom 12.07.2016, XI ZR 564/15, NJW 2016, 3512, zitiert nach juris, Rn. 37; Urteil vom 11.10.2016, XI ZR 482/15, MDR 2017, 222, zitiert nach juris, Rn. 30 f.). Inwieweit der Einwand bei Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall tatsächlich durchgreift, richtet sich demgegenüber nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (BGH a.a.O.; s. außerdem Beschluss vom 17.01.2017, XI ZR 82/16, sowie Urteile vom 10.10.2017 - XI ZR 393/16 Rn. 11 und XI ZR 456/16 Rn. 19, jeweils zitiert nach juris).

2. Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls, ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann. Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen kann das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren (BGH, Urteil vom 11.10.2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 ff., zitiert nach juris, Rn. 30).

3. Nach diesen Maßstäben sieht der Senat unter Würdigung sämtlicher relevanter Umstände des vorliegenden Einzelfalls sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment als erfüllt an.

a) Angesichts des hier zwischen Darlehensvertragsabschluss (23.01.2003) und Widerrufserklärung (11.05.2016) liegenden Zeitraums - nur auf diesen kommt es insoweit an (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 31, sowie jüngst BGH, Urteil vom 10.10.2017 - XI ZR 393/16, zitiert nach juris, Rn. 10) - von mehr als 13 Jahren liegt das erforderliche Zeitmoment vor. In der obergerichtlichen Rechtsprechung werden insoweit verbreitet bereits kürzere Zeiträume für ausreichend erachtet (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 18.09.2015, 13 U 85/15, zitiert nach juris Rn. 4: knapp 6 Jahre; OLG Bremen, Urteil vom 26.02.2016, 2 U 92/15, zitiert nach juris Rn. 34: 6 Jahre; OLG Frankfurt, Urteil vom 22.11...

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