Verfahrensgang
AG Köln (Aktenzeichen 507 b XIV 124/01) |
LG Köln (Aktenzeichen 1 T 60/01) |
Tenor
Die dem Betroffenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Kosten werden dem Beteiligten zu 2) auferlegt.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 3, 7 FEVG, 103 Abs. 2 AuslG, 27, 29 FGG) und hat auch in der Sache Erfolg.
Nachdem der Betroffene nach Abschluß der Beschwerdeinstanz aus der Abschiebehaft entlassen worden ist, hat sich die Hauptsache erledigt und der Betroffene hat sein Rechtsmittel in der Rechtsbeschwerdeinstanz zulässigerweise auf den Kostenpunkt beschränkt.
Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens hat entsprechend § 16 Abs. 1 FEVG der Beteiligte zu 2) zu tragen, da ein begründeter Anlaß zur Stellung des Antrages auf Anordnung von Abschiebehaft im Zeitpunkt der Anordnung entfallen war.
Der Betroffene war zum Zeitpunkt der Verhängung der Abschiebehaft nicht ausreisepflichtig, weil er bereits zuvor anläßlich seiner Anhörung vor dem Amtsgericht um Asyl nachgesucht hatte und ihm deshalb der Aufenthalt nach § 55 Abs. 1 AsylVfG gestattet war.
Ausweislich der mündlichen Anhörung vom 01.02.2001 hat der Betroffene erklärt, daß er eigentlich in Deutschland Asyl beantragen wollte. Das Anhörungsprotokoll erschöpft sich in diesem einen Satz, der die Stellung eines Asylantrages nicht eindeutig zu erkennen gibt. Es hätte deshalb Veranlassung bestanden, im Rahmen der Amtsermittlung nach § 12 FGG den Willen des Betroffenen näher zu erforschen, zumal seine Äußerung der Übersetzung bedurft hatte und Übersetzungsfehler nicht auszuschließen sind. Im Hinblick auf die unzureichende Anhörung des Betroffenen vor dem Amtsgericht hätte das Landgericht ihn in der Beschwerdeinstanz erneut anhören müssen. Nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung kann die mündliche Anhörung des Betroffenen in der Beschwerdeinstanz ausnahmsweise nur dann unterbleiben, wenn mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, daß eine weitere Anhörung keine neuen Erkenntnisse bringen werde (vgl. KG KGR 1999, 110; OLG Hamm FGPrax 1997, 77; OLG Frankfurt NVwZ-Beil. 1998, 24; OLG Düsseldorf NVwZ-Beil. 1996, 31; OLG Celle Nds. Rpfl. 1995, 214; BayObLG NVwZ-Beil. 1996, 40). Ein solcher Ausnahmefall lag hier nicht vor.
Da sich nach Erledigung der Hauptsache aufgrund der Haftentlassung des Betroffenen eine weitere Sachaufklärung verbietet, ist zu seinen Gunsten ausnahmsweise eine ex ante Betrachtung vorzunehmen und im Hinblick auf den später durch seinen Verfahrensbevollmächtigten gestellten Asylantrag davon auszugehen, daß der Betroffene bereits mit seiner Äußerung vom 01.02.2001 um Asyl habe nachsuchen wollen.
Ein solches Asylersuchen (§ 13 Abs. 1 AsylVfG) hätte das Amtsgericht nicht unberücksichtigt lassen dürfen. Es machte die Anordnung von Abschiebungshaft unzulässig, weil dem Betroffenen nunmehr der Aufenthalt nach § 55 Abs. 1 AsylVfG gestattet war. Dem steht nicht entgegen, daß im Falle der Einreise auf dem Landweg über einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) die Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 S. 3 AsylVfG erst mit der förmlichen Stellung des Asylantrages im Sinne von § 14 Abs. 1 AsylVfG erworben wird. Die Möglichkeit, den aus einem sicheren Drittstaat einreisenden und um Asyl nachsuchenden Ausländer anstelle der Zurückschiebung (§ 19 Abs. 3 AsylVgG) oder der Weiterleitung an eine Aufnahmeeinrichtung in Vorbereitungs- oder Sicherungshaft nehmen zu lassen, sieht das Gesetz nicht vor. Der in § 19 Abs. 4 AsylVfG aufgenommene Vorrang von freiheitsbeschränkenden oder freiheitsentziehenden Maßnahmen besteht nur außerhalb des Abschiebehaftverfahrens, was sich auch aus der Vorschrift des § 14 Abs. 4 AsylVfG ergibt, deren Einführung es bei Vorrang von Festnahme und Inhaftierung auch im Verfahren der Vorbereitungs- und Sicherungshaft nicht bedurft hätte (vgl. OLG Frankfurt NVwZ-Beil. 1998, 125, 126; OLG Köln, 9. Zivilsenat, Beschluss v. 23.01.2001 – 9 Wx 4/01 –). In Anbetracht des Gesetzgebungsverlaufs kommt vorliegend auch eine entsprechende Anwendung des § 14 Abs. 4 AsylVfG nicht in Betracht; der Betroffene befand sich vor Anordnung der Abschiebehaft in Polizeigewahrsam und war damit bei Antragstellung in „sonstigem öffentlichen Gewahrsam„im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 1 AsylVfG und nicht in Untersuchungshaft, Strafhaft oder Abschiebehaft (vgl. SenB vom 09.03.2001 – 16 Wx 33/01; OLG Frankfurt InfAuslR 1998, 457; KG KGR 2001, 487).
Da somit kein begründeter Anlaß zur Stellung des Antrages auf Anordnung von Abschiebehaft bestanden hat und der Betroffene durch die Anordnung daran gehindert wurde, das Asylverfahren in Freiheit zu betreiben, sind die ihm zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Kosten dem Beteiligten zu 2) aufzuerlegen.
Unterschriften
Dr. Schuschke, Jennissen, Appel-Hamm
Fundstellen