Leitsatz (amtlich)
1. Ein auswärtiger Rechtsanwalt, der ohne sein Einverständnis nur "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts" beigeordnet wird, ist nach § 127 ZPO beschwerdebefugt.
2. Die Tatsache allein, dass ein auswärtiger Anwalt einen Antrag auf Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe stellt, rechtfertigt nicht die Annahme seiner stillschweigenden Einwilligung in die Beschränkung der Beiordnung.
3. Die Beschränkung der Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts" ist nur zulässig, wenn auch sonst nur Kosten eines am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts entstehen könnten. Das setzt immer die Prüfung voraus, ob nicht die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO für die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwalts vorliegen.
Verfahrensgang
AG Waldbröl (Beschluss vom 21.01.2005; Aktenzeichen 18 F 238/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers wird der Beschluss des AG - FamG - Waldbröl vom 21.1.2005 - 18 F 238/04 - dahingehend abgeändert, dass die im Rahmen der Beiordnung der Beschwerdeführerin ausgesprochene Beschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwaltes" entfällt.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin, die in Bochum ihre Kanzlei unterhält und beim AG Waldbröl nicht zugelassen ist, hat für den in Bochum wohnhaften Antragsteller in einem Umgangsrechtsverfahren Prozesskostenhilfe unter ihrer Beiordnung beantragt. Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG dem Prozesskostenhilfeantrag entsprochen und die Beschwerdeführerin "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwaltes" beigeordnet. Eine vorherige Anfrage des Gerichts, ob die Beschwerdeführerin mit dieser Einschränkung einverstanden sei oder ein vorheriger Hinweis auf die beabsichtigte Einschränkung sind nicht erfolgt.
Mit ihrer fristgerecht erhobenen sofortigen Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die in der Beiordnung ausgesprochene Einschränkung. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Der zuständige Einzelrichter hat die Entscheidung dem Senat als Kollegialgericht übertragen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 127 ZPO statthaft und fristgerecht eingelegt worden.
Ein auswärtiger Rechtsanwalt, der ohne sein Einverständnis zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordnet wird, ist nach § 127 ZPO beschwerdebefugt (Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., 2003, Rz. 873; Meyer, Reisekostenerstattung des beigeordneten auswärtigen Anwalts, JurBüro 2005, 134 ff. [135 unter 2.1.3.]; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., 2005, § 127 Rz. 19, jeweils m.w.N., auch für abweichende Auffassungen). Dabei genügt es für die Zulässigkeit der Beschwerde, dass das fehlende Einverständnis geltend gemacht wird, was schon durch die Einlegung der Beschwerde zum Ausdruck kommt. Ob das Einverständnis tatsächlich fehlte oder nicht, ist eine Frage der Begründetheit des Rechtsmittels (nachfolgend unter 2.).
Soweit vereinzelt die Auffassung vertreten wird, ein ohne sein Einverständnis nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordneter auswärtiger Anwalt sei nicht beschwert (OLG Hamm v. 8.8.2003 - 11 WF 123/03, FamRZ 2004, 708) und deswegen nicht beschwerdebefugt (Musielak/Fischer, ZPO, 4. Aufl., 2005, § 121 Rz. 18), ist dem nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass das OLG Hamm in der angeführten Entscheidung trotz der seiner Meinung fehlenden Beschwer gleichwohl von einer Zulässigkeit der Beschwerde ausgeht, ist mit der Einschränkung der Beiordnung sehr wohl eine Beschwer beigeordneten Anwalts verbunden. Denn die - hinter dem umfassenden Antrag zurückbleibende - Beschränkung greift in den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts ein, weil er dadurch Gefahr läuft, Reisekosten gem. § 46 RVG (§ 126 BRAGO) nicht erstattet zu erhalten (OLG Hamburg v. 15.2.2000 - 12 WF 25/00, OLGReport Hamburg 2000, 282 = FamRZ 2000, 1227 f.; OLG Brandenburg FamRZ 2000, 1385 ff.). Dass die Beschränkung das mildere Mittel ggü. einer vollständigen Ablehnung der Beiordnung ist, ändert entgegen der Auffassung des OLG Hamm nichts am Bestehen dieser Beschwer.
2. Im vorliegenden Fall war Beschwerdeführerin mit der gerügten Einschränkung nicht einverstanden. Eine ausdrückliche Einverständniserklärung fehlt. Auch von einem stillschweigenden Einverständnis kann nicht ausgegangen werden. Ein solches lässt sich insb. nicht mit der Überlegung begründen, ein auswärtiger Anwalt, der in Kenntnis der Vorschrift des § 121 Abs. 3 ZPO - Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts nur, wenn dadurch keine Mehrkosten entstehen - einen Antrag auf Beiordnung stelle, verzichte dadurch konkludent auf Mehrkostenerstattung. Dieser verschiedentlich vertretenen Auffassung (Nachweise bei Meyer, Reisekostenerstattung des beigeordneten auswärtigen Anwalts, JurBüro 2005, 134 ff. [135 unter 2.1.2]) kann schon deswegen nicht gefolgt werde...