Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Beschwerdeberechtigung; Erbeinsetzung bei einer Zuwendung nach Vermögensgruppen
Leitsatz (amtlich)
1. Beschwerdeberechtigung eines Antragstellers in einem Erbscheinsverfahren, wenn mit dem angefochtenen Beschluss dem ursprünglich gestellten Antrag vollumfänglich stattgegeben wird.
2. Fehlende Beschwerdeberechtigung bei Geltendmachung der Beeinträchtigung aufgrund der Ausführungen in den Entscheidungsgründen.
3. Erbeinsetzung bei einer Zuwendung nach Vermögensgruppen.
Normenkette
BGB § 133; FamFG §§ 59, 352e
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Aktenzeichen 42 VI 867/21) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 17.05.2022 wird der am 19.04.2022 erlassene Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Eschweiler, 42 VI 867/21, aufgehoben und ihr Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, der die Beteiligten als Miterben zu je 1/2-Anteil ausweist, zurückgewiesen.
Gerichtskosten dieses Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten in beiden Instanzen findet nicht statt.
II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 19.05.2022 gegen den am 19.04.2022 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Eschweiler, 42 VI 867/21, wird als unzulässig verworfen.
Die Gerichtskosten dieses Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 2) zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten in beiden Instanzen findet nicht statt.
Gründe
I. Am 10.10.2021 ist A. P. J. R. (im Folgenden: Erblasser) verstorben. Er war in zweiter Ehe verheiratet mit der Beteiligten zu 1). Die Beteiligte zu 2) ist seine Tochter aus seiner ersten (geschiedenen) Ehe.
Der Erblasser hatte unter dem 05.11.2016 ein privatschriftliches Testament errichtet, das u.a. folgenden Inhalt hat:
"Nach meinem Tode möchte ich mein Vermögen wie folgt aufteilen
Meine jetzige Frau M.-L. R. ... erhält das Zweifamilienhaus ....... in 52249 Eschweiler. Einschließlich der gesamten Einrichtung. Sämtliche Einkünfte aus diesem Haus stehen Ihr auch zu. Ferner erhält meine Frau M.-L. R. alle eventuell noch offenstehende Forderungen an Mietern und Kunden der Firma des Verstorbenen. Rückständige Mieten ehemaliger Mieter sowie mein Barvermögen gehen auch in den Besitz meiner Frau M.-L. R.. Desweiteren erbt meine Frau den Erlös aus vorhandenen Verträgen sowie mein Auto. Eine Ausgleichszahlung an meine Tochter C. D.-R. ... findet nicht statt.
Meine Tochter C. R.-D. geb R. vererbe ich mein Dreifamilienhaus sowie den Anbau in der ............. 52249 Eschweiler mit allen Rechten und Pflichten.
Ich erwarte das meine Erben M.-L. und C. nach der Erbauseinandersetzung weiterhin ein gutes Einvernehmen haben. Was auch für den Umgang mit meinen Enkelkindern gilt.
A. R."
Mit Schriftsatz vom 11.01.2022 hat die Beteiligte zu 1) unter Beifügung der notariellen Urkunde vom 07.01.2022 ...................... die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie und die Beteiligte zu 2) als Erben zu je 1/2-Anteil ausweist (Bl. 1 ff. d.A.). Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der Erblasser die Vermögenswerte gleichermaßen auf die Beteiligten verteilt habe. In der Zuweisung der einzelnen Gegenstände seien Vorausvermächtnisse zu sehen.
Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten und hat vorgetragen, dass die Zuweisung der Grundstücke an die Beteiligten nicht als Vorausvermächtnisse, sondern als Teilungsanordnung anzusehen sei. Es sei nicht vorstellbar, dass ihr der Erblasser nur einen Vermögenswert zugedacht habe, der geringer sei als ihr Pflichtteilanspruch. Das der Beteiligten zu 1) zugewandte Haus habe einen Wert von 450.000,00 EUR, das ihr zugewandte Haus dagegen nur einen Wert von 100.000,00 EUR.
Der anwaltliche Vertreter der Beteiligten zu 1) hat die Auffassung vertreten, dass die Beteiligte zu 1) nach dem Testament des Erblassers Alleinerbin und die Beteiligte zu 2) Vermächtnisnehmerin sei.
Durch am 19.04.2022 erlassenen Beschluss hat das Nachlassgericht die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1) erforderlich sind, für festgestellt erachtet (Bl. 27 ff. d.A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Erblasser die Beteiligten zwar nicht ausdrücklich zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt habe, es aber nicht ersichtlich sei, dass er von der gesetzlichen Erbquote habe abweichen wollen. Bei den Zuwendungen der einzelnen Vermögensgegenständen handele es sich um Vorausvermächtnisse und nicht um eine Teilungsanordnung.
Gegen diesen den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) am 02.05. bzw. am 04.05.2022 zugestellten Beschluss hat diese mit am 17.05.2022 beim Amtsgericht Eschweiler eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz vom selben Tag, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 37 ff. d. A.), Beschwerde eingelegt (Beschwerdeverfahren 2 Wx 129/22). Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, dass sie Alleinerbin und die Beteiligte zu 2) Vermächtnisnehmerin sei. Dies ergebe die Auslegung des Testaments des Erblassers.
Mit am 24.05.2022 beim Amtsgericht eingegangenen Schreiben vom 19.05.2...