Leitsatz (amtlich)
Eine Verfallanordnung nach § 29a Abs. 2 OWiG ist auch dann möglich, wenn die durch die Ordnungswidrigkeit erlangten Vermögensvorteile nicht mittels Festsetzung einer Geldbuße abgeschöpft werden können und seitens der Behörde die Einstellung des Verfahrens aus Opportunitätsgründen erwogen wird.
Tenor
weitere Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin verworfen.
Gründe
I.
Das Hauptzollamt L. ermittelt gegen den Betroffenen V. C. wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen § 5 AEntG. Er ist aus Sicht des Hauptzollamtes dringend verdächtig, als Niederlassungsleiter der deutschen Zweigniederlassung der polnischen Firma I. in der Zeit von Mai 2007 bis Februar 2008 den auf einer Baustelle in L. tätigen polnischen Arbeitnehmern nicht den nach § 1 Abs. 1 AEntG zu zahlenden Mindestlohn von 12,40 € bzw. ab 01.09.2007 12,50 € pro Stunde gezahlt zu haben.
Auf Antrag des Hauptzollamtes L. erließ das Amtsgericht Köln am 05.05.2008 einen Arrestbeschluß, mit welchem der dingliche Arrest in das Vermögen der Firma I. in Höhe von 154.670 € angeordnet wurde. In Vollziehung des Arrestes wurde ein Guthaben der Beschwerdeführerin bei der Commerzbank gepfändet; der Arrestbetrag ist in voller Höhe bei dem Amtsgericht Köln hinterlegt worden. Gegen den Arrestbeschluß hat die Firma I. unter dem 24.06.2009 Beschwerde eingelegt, die das Landgericht Köln mit Beschluß vom 28.09.2009 zurückgewiesen hat. Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit Schriftsatz vom 26.11.2009 eingelegte, mit Schriftsatz vom 18.01.2010 ergänzend begründete weitere Beschwerde.
II.
Die nach §§ 46 OWiG, 310 Abs. 2 Nr. 3 StPO statthafte und auch sonst zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme zu dem Rechtsmittel u.a. folgendes ausgeführt :
"Die gegen die Arrestanordnung gerichtete weitere Beschwerde ist nach § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO statthaft und auch sonst zulässig, da die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Beschluss unmittelbar beschwert ist.
Die Beschwerde ist in der Sache jedoch nicht begründet.
Die Voraussetzungen der Anordnung des dinglichen Arrestes nach §§ 111 d Abs. 1 und 2, 111 e StPO i.V.m. §§ 29 a, 46 OWiG liegen vor.
a)
Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass eine Verfallsanordnung nach § 29 a Abs. 2 OWiG auch unter der Voraussetzung möglich ist, dass die durch die Ordnungswidrigkeit erlangten Vermögensvorteile nicht mittels Festsetzung einer Geldbuße abgeschöpft werden können. Es ist nämlich bereits ausreichend, dass sie von der Ermittlungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen nicht festgesetzt werden (s. auch Beschluss des Landgerichts Köln vom 20.09.2000, 107 Qs 217/00). Ein Rückgriff auf § 29 a Abs. 2 OWiG ist auch dann möglich, wenn von der Festsetzung einer Geldbuße gemäß § 47 OWiG aus Opportunitätserwägungen abgesehen wird. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist es nicht zu beanstanden, den Rückgriff auf § 29 a Abs. 2 OWiG auch dann für möglich zu erachten, wenn - wie vorliegend - nach Aktenlage seitens der Behörde die Einstellung aus Opportunitätsgründen erwogen wird (so ausdrücklich im Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 04.08.2005, 8 Qs 75/05, Rdnr. 10 zitiert bei JURIS-Portal:die Festsetzung einer Geldbuße gegen den Betroffenen bzw. die Beschwerdeführerin erscheint nach Aktenlage wenig Erfolg versprechend; Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Aufl. (2006), § 29 a Rdnr. 26)). Das Landgericht führt insoweit zutreffend aus, dass die Anwendung des § 29 a Abs. 2 OWiG nicht allein auf die Fallkonstellation beschränkt ist, dass die Festsetzung der Geldbuße nicht realisierbar ; die Lückenschließungsfunktion dieser Vorschrift lasse nicht die Auslegung zu, dass zunächst abschließend festgestellt werden müsse, dass eine Festsetzung der Geldbuße mit Sicherheit ausscheide.
b)
Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen besteht auch der dringende Tatverdacht gegen den Betroffenen als verantwortlich Handelnder der Beschwerdeführerin wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 5 AEntG.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht in seiner Beschwerdeentscheidung ausgeführt, dass nach derzeitigem Ermittlungsstand die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Betroffene sich nach § 5 AEntG durch einen Verstoß gegen § 1 AEntG, welcher einen Mindestlohn für ausländische Arbeitnehmer - zur Tatzeit 12,40 € pro Stunde - vorsehe, schuldig gemacht hat.
Aufgrund der Ermittlungen des Hauptzollamtes L. steht zu vermuten, dass am 27.03.2007 die D. E. AG, Niederlassung Hochbau L., die Beschwerdeführerin mit der Erbringung von Trockenbauarbeiten beauftragte; das Auftragsvolumen belief sich auf 337.173,83 €. Im Ausführungszeitraum war jedoch der Werkvertrag durch die Bundesagentur für Arbeit nur dann genehmigungsfähig, wenn sein Auftragsvolumen 3.200 € pro Mann und Monat bei einer durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit von 169 Stunden betrug (Kalkulationsgrundlage 18.93 € pro Arbeitsstunde). Der Bundesagentur für Arbeit wurde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens...