Entscheidungsstichwort (Thema)
Mittellosigkeit: Schongrenze
Leitsatz (amtlich)
Für die Ermittlung des für die Betreuervergütung einzusetzenden Vermögens ist gem. § 1836c Nr. 2 BGB nur auf § 90 SGB XII (früher § 88 BSHG) und die zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII ergangene Durchführungsverordnung abzustellen. Die nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vorgesehenen höheren Vermögensschonbeträge können nicht herangezogen werden.
Normenkette
BGB § 1836c; SGB XII § 90
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 02.06.2006; Aktenzeichen 1 T 225/06) |
AG Köln (Aktenzeichen 53 XVII Sch 495/03) |
Tenor
Der Betroffenen wird wegen Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Ihre sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Köln vom 2.6.2006 - 1 T 225/06 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die von der Beteiligten zu 2. für die Betroffene eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist, nachdem sie vom LG ausdrücklich zugelassen worden ist, statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, da der Betroffenen wegen Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war (§ 22 Abs. 2 FGG). Sie war ohne Verschulden an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert, da dem angefochtenen Beschluss eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war.
Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
Die Vorinstanzen haben ohne Rechtsfehler ausgeführt, dass die Betroffene nicht als mittellos i.S.v. § 1836d Nr. 1 BGB anzusehen ist, weil sie Vermögen hat, das für die Vergütung der Beteiligten zu 2. einzusetzen ist, und dass deshalb ein Rückgriffsanspruch der Staatskasse in der festgesetzten Höhe besteht (§§ 1836e Abs. 1 S. 1, 1908i Abs. 1 BGB).
Der Senat schließt sich der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung an, wonach gem. § 1836c Nr. 2 BGB zur Ermittlung des für die Betreuervergütung einzusetzenden Vermögens nur auf § 90 SGB XII (früher § 88 BSHG) und die zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (früher § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG) ergangene Durchführungsverordnung abzustellen ist und die nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vorgesehenen höheren Vermögensschonbeträge nicht herangezogen werden können (vgl. OLG Hamm v. 12.2.2004 - 15 W 62/03, OLGReport Hamm 2004, 189 = FamRZ 2004, 1324; OLG Frankfurt FGPrax 2004, Zweibrücken FGPrax 2000, 231 f.). In § 1836c Nr. 2 BGB wird ausdrücklich auf § 90 SGB XII verwiesen. Dabei ist auch bei der Inanspruchnahme des Vermögens auf den bei Hilfe in besonderen Lebenslagen geltenden Freibetrag - auf den in § 1836c Nr. 1 BGB ausdrücklich Bezug genommen wird - zurückzugreifen, da eine sachliche Rechtfertigung dafür fehlt, Einkommen und Vermögen des Betreuten unterschiedlich zu behandeln (vgl. BGH v. 24.10.2001 - XII ZB 142/01, MDR 2002, 277 = BGHReport 2002, 107 = FamRZ 2002, 157 ff., 158). Die in § 1836c Nr. 1 BGB normierte Regelung gibt zu erkennen, dass der Gesetzgeber Betreute im Grundsatz den Personen gleichstellen wollte, die auf Hilfe in besonderen Lebenslagen angewiesen sind. Diese Intention des Gesetzgebers ist deshalb auch für die Frage maßgebend, welche sozialhilferechtlich vorgesehenen Schongrenzen bei der Heranziehung des Kleinvermögens zu beachten sind (vgl. BGH a.a.O.). Im Hinblick auf Wortlaut und Zielsetzung des § 1836c BGB sind in anderen gesetzlichen Vorschriften anderweitig festgesetzte Schongrenzen deshalb ohne Belang.
Die Schongrenze von demnach 2.600 EUR (gemäß § 1 Ziff. 1 der zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII ergangenen Verordnung) ist angemessen zu erhöhen, wenn im Einzelfall eine "besondere Notlage" des Betreuten besteht (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 2. Halbsatz SGB XII, § 2 Abs. 1 S. 1 der genannten Verordnung) oder soweit ein Freibetrag von lediglich 2.600 EUR für den Betroffenen eine "Härte" bedeuten würde, § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII.
Eine "besondere Notlage" ist in der Regel insbesondere dann gegeben, wenn der Betreute besonderen Belastungen ausgesetzt ist (vgl. § 2 Abs. 1 S. 2 der genannten Verordnung), die es als unzumutbar erscheinen lassen, das Schonvermögen auf 2.600 EUR zu beschränken. Von Bedeutung ist insoweit u.a. die Art der Entstehung der Notlage, ihre (voraussichtliche) Dauer und das Ausmaß der zu ihrer Behebung oder Minderung notwendigen Aufwendungen (vgl. BayObLG FGPrax 2002, 73 f.).
Die Begrenzung des Schonvermögens auf 2.600 EUR bedeutet für den Betreuten in der Regel eine "Härte", soweit dies zu einem den Leitvorstellungen des § 90 Abs. 2 SGB XII nicht entsprechenden Ergebnis führen, hierdurch insbesondere eine angemessene Lebensführung des Betreuten oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde, § 88 Abs. 3 S. 2 SGB XII (vgl. BayObLG a.a.O.).
Allein der Umstand, dass die Betroffene Leistungen nach dem BVG bezieht, reicht für die Annahme einer "Härte" i.S.d. genannten Vorschriften nicht aus (vgl. BayObLG a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.). Soweit in der Rechtsbeschwerde erstmals vorgetragen wird, das...