Leitsatz (amtlich)
1. Betreuten, die Eingliederungshilfe in einer Werkstatt für behinderte Menschen beziehen, steht ein erweitertes Schonvermögen - wie früher gem. § 1836c Nr. 2 BGB a.F., § 88 Abs. 3 S. 3 BSHG - seit 1.1.2005 nicht mehr zu.
2. Das erweiterte Schonvermögen ist aber auf die im Wege des Rückgriffs nach § 1836e BGB geltend gemachten Auslagenpauschalen bzw. Betreuervergütungen aus Zeiträumen vor dem 1.1.2005 weiterhin anzuwenden.
Normenkette
BGB § 1836c Nr. 2, § 1836e; SGB XII § 90; BSHG § 88 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Beschluss vom 25.04.2005; Aktenzeichen 11 F T 36/05) |
AG Schweinfurt (Beschluss vom 21.03.2005; Aktenzeichen XVII 660/92) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde wird der Beschluss des LG Schweinfurt vom 25.4.2005 wie folgt abgeändert:
"Die sofortige Beschwerde der Betreuten gegen den Beschluss des AG Schweinfurt vom 21.3.2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Betreute aus ihrem Vermögen statt eines Betrages von 1.209,36 EUR nur einen Betrag i.H.v. 323 EUR an die Staatskasse zu zahlen hat."
II. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 1.209,36 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Für die Betroffene wurde mit Beschluss des AG vom 1.3.1995 Frau J. als ehrenamtliche Betreuerin mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge bestellt. Nach dem Tod der Betreuerin wurde mit Beschl. v. 9.10.2001 der Betreuer zu 1) mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge und Mietvertragsangelegenheiten bestellt. Als weitere Betreuerin mit den Aufgabenkreisen notwendige ärztliche Behandlung/Gesundheitsfürsorge und Behördenangelegenheiten kam durch Beschl. v. 26.1.2004 die Betreuerin zu 2) hinzu.
Für die verstorbene ehemalige Betreuerin wurden von der Staatskasse Auslagenpauschalen
- für den Betreuungszeitraum März 1998 bis März 1999 i.H.v. 431,25 DM und
- für den Betreuungszeitraum März 1999 bis März 2000 i.H.v. 600 DM bezahlt (Gesamtbetrag der Auslagenpauschalen 527,27 EUR).
Am 8.1.2004 wurde für Vergütung und Auslagen des Betreuers zu 1) im Zeitraum 1.8.2002 bis 3.11.2003 eine Zahlung von 359,09 EUR angewiesen. Außerdem wurde an die Betreuerin zu 2) am 27.1.2005 eine Auslagenpauschale von 323 EUR für den Zeitraum 26.1.2004 bis 25.1.2005 gezahlt.
Mit Beschluss des AG vom 21.3.2005 ordnete das AG an, dass die Betroffene einen Gesamtbetrag von 1.209,36 EUR im Regresswege für die von der Staatskasse verauslagten oben genannten Beträge an die Staatskasse zu zahlen habe. Die Betroffene besitze derzeit ein Vermögen von ca. 11.301 EUR. Das Vermögen liege somit über der seit 1.1.2005 geltenden Schongrenze von 2.600 EUR.
Hiergegen erhob die Verfahrenspflegerin für die Betroffene sofortige Beschwerde, die vom LG mit Beschl. v. 25.4.2005 zurückgewiesen wurde. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde begehrt die Betroffene, vertreten durch den Betreuer zu 1, die Aufhebung der Beschlüsse des LG und des AG.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insb. wurde sie vom LG zugelassen (§ 56g Abs. 5 S. 2 FGG), in der Sache hat sie teilweise Erfolg.
1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet: Das Vermögen der Betreuten liege über der seit 1.1.2005 geltenden Schongrenze von 2.600 EUR. Die Neufassung des § 1836c Nr. 2 BGB verweise lediglich auf § 90 SGB XII i.V.m. § 1 der Verordnung hierzu, nicht jedoch auch auf § 92 SGB XII, welcher die Ausnahmen vom Vermögensschonbetrag von 2.600 EUR regle. Der früher für die Betreute geltende erhöhte Freibetrag gem. § 88 Abs. 3 S. 3 BSHG sei somit weggefallen. Die Rechtsprechung zum Regress im Hinblick auf vor dem In-Kraft-Treten des Ersten Betreuungsrechtsänderungsgesetz zum 1.1.1999 gewährte Leistungen sei vorliegend nicht entsprechend anwendbar. Die jetzige Gesetzesänderung sei mit dieser Rechtsprechung nicht vergleichbar. Es sei nämlich keine neue, bisher nicht bestehende materiell-rechtliche Zugriffsmöglichkeit geschaffen worden, sondern lediglich der Schonvermögensbegriff anders festgesetzt worden. Für die Bestimmung des einzusetzenden Vermögens sei jedoch der Zeitpunkt der Entscheidung über den Regress maßgeblich. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003. Art. 41 dieses Gesetzes regle lediglich die Neufassung des § 1836e BGB und Art. 70 Abs. 1 das In-Kraft-Treten zum 1.1.2005. Eine Übergangsregelung sei nicht bestimmt. Es verbleibe somit dabei, dass die Betroffene im Regresswege wegen nunmehrigen Überschreitens der Vermögensschongrenze vom Staat gezahlte Aufwendungen und Vergütungen an die Betreuer zurückzuerstatten habe.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht in allen Punkten stand.
a) Soweit die Rückerstattungsanordnung des AG die an die Betreuerin zu 2) am 27.1.2005 angewiesene Auslagenpauschale von 323 EUR betrifft, hat das LG zutreffend eine Rückerstattungspflicht der Betroffenen angenommen.
aa) Soweit die Staatskasse den ...