Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Startgutschrift VBL und neues Recht; keine Aussetzung, sondern schuldrechtlicher VA
Leitsatz (amtlich)
1. Der Versorgungsausgleich bei einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes mit gleichheitswidriger Startgutschrift (BGHZ 174, 127) ist unter Geltung des neuen materiellen und Verfahrensrechts nicht mehr auszusetzen (so noch BGH FamRZ 2009, 1901 ff. Rz. 30), sondern ohne Wertausgleich bei der Scheidung nach § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG dem "schuldrechtlichen Versorgungsausgleich" vorzubehalten (im Anschluss an OLG München, 12 UF 1006/10 und 33 UF 801/10 und entgegen OLG Düsseldorf 7 UF 84/10).
2. Es kann offen bleiben, ob eine kraft gesetzlicher Trennung nach Maßgabe von Art. 111 Abs. 4 FGG-RG aus dem früheren Scheidungsverbund ausgeschiedene Sache eine Folgesache bleibt, auf die gem. §§ 113 Abs. 1 S. 2, 111 Nr. 1, 121 Nr. 1, 137 Abs. 5 S. 1 FamFG die genannten ZPO-Vorschriften entsprechend anwendbar bleiben, oder das FamFG insgesamt gilt.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren bei Anfechtung einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich richtet sich gem. §§ 40, 50 FamGKG grundsätzlich nur nach den Anrechten, die - noch - Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind.
Normenkette
VersAusglG § 19 I, § 19 Abs. 2 Nr. 1; FamFG §§ 21, 137, 221; ZPO § 148; FGG-RG Art. 111 IV; FamGKG §§ 40, 50
Verfahrensgang
AG Siegburg (Beschluss vom 20.07.2010; Aktenzeichen 310 F 205/06) |
Tenor
Auf die Beschwerden der weiteren Beteiligten zu 1. und des Antragstellers vom 05. bzw. 13.8.2010 wird der am 27.7.2010 erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Siegburg vom 20.7.2010 - 310 F 205/06 VA - dahin abgeändert, dass es bei der internen Teilung der Anrechte bei den Beteiligten zu 2. und 3. verbleibt und im Übrigen, nämlich (auch) hinsichtlich des Anrechts bei der Beteiligten zu 1. ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht stattfindet.
Bezüglich der ersten Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.
Von der Erhebung von Kosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen; die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
Der Verfahrenswert wird für die I. Instanz in Abänderung des Wertes von 2.000 EUR (Beschluss vom 28.7.2010) auf 3.000 EUR und für das Beschwerde-verfahren auf 750 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die 1985 in München geschlossene Ehe der 1950 bzw. 1951 geborenen Beteiligten ist nach Zustellung des Scheidungsantrages am 19.1.2007 durch Urteil des Familiengerichts Siegburg vom 1.10.2008, rechtskräftig seit dem 2.12.2008 geschieden. Beide Eheleute haben Versorgungsanwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) erworben, der griechische Antragsteller darüber hinaus auch Anwartschaften bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) sowie in Griechenland. Während die letzteren derzeit noch nicht feststehen, sind in den Anwartschaften bei der VBL sog. "Startgutschriften" für die Zeit vor dem 1.1.2002 i.H.v. 156,72 EUR mit einem Ehezeitanteil von 135,57 EUR enthalten. Deshalb hatte die Beteiligte zu 3. insoweit in I. Instanz auch keine Auskunft nach neuem Recht (mehr) erteilt. Die Beteiligten beantragen die - teilweise - Aussetzung des Verfahrens. Im Übrigen wird auf die Schriftsätze und Auskünfte der Beteiligten in der Folgesache VA zum Verfahren und dem Hauptverfahren - 310 F 205/06 - Bezug genommen.
II. Für das vorliegende Verfahren gilt das seit dem 1.9.2009 geltende Verfahrens- und materielle Recht, nachdem die Versorgungsausgleichssache in der mündlichen Verhandlung vom 1.10.2008 abgetrennt worden ist (vgl. Art. 111 Abs. 4 Satz 1 Var. 1, Satz 2 FGG-RG, § 48 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 VersAusglG).
Die gem. §§ 58 ff., 228 FamFG zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden haben auch in der Sache - teilweise - Erfolg. Da sie nur das Anrecht des Antragstellers bei der Beteiligten zu 1. betreffen, ist - unbeschadet einer gegebenenfalls erforderlichen Gesamtprüfung nach § 27 VersAusglG oder anderen Vorschriften - allein dieses Anrecht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Zunächst einmal ist von Amts wegen darauf hinzuweisen, dass das Familiengericht entgegen §§ 38 Abs. 2 Nr. 1, 219 Nr. 2 FamFG nicht die an der Versorgungsausgleichssache weiterhin zu beteiligenden Versorgungsträger in dem Beschluss "bezeichnet", also ins Rubrum aufgenommen hat (vgl. Keidel/Meyer-Holz, 16. Aufl., § 38 FamFG Rz. 45; Borth in Bork/Jacopby/Schwab, § 219 FamFG Rz. 3; Zöller/Fes-korn, 28. Aufl., § 38 FamFG Rz. 7 und 8). Ob dazu zwingend auch ein Versorgungsträger gehört, dessen Anrecht nach § 19 VersAusglG nicht ausgleichsreif ist, kann dahinstehen. Der Senat hält die Bezeichnung aber im Hinblick auf § 224 Abs. 4 FamFG jedenfalls für sinnvoll.
Nach dem hier maßgeblichen neuen materiellen Recht ist das Anrecht bei der Beteiligten zu 1. (VBL) als derzeit nicht ausgleichsreif gem. §§ 19, 20 ff. VersAusglG dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten (vgl. OLG M...