Leitsatz (amtlich)
Ein - über das Erstgespräch hinausgehender - Zeitaufwand von etwas mehr als 3½ Stunden zur Ermittlung und Befragung von Entlastungszeugen rechtfertigt nicht die Feststellung einer Pauschgebühr für den Wahlverteidiger gem. § 42 RVG.
Verfahrensgang
AG Schleiden (Entscheidung vom 31.01.2007) |
Tenor
Der Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller war Wahlverteidiger im Berufungsverfahren gegen das Urteil des Amtsgerichts Schleiden vom 31. Januar 2007, durch das der Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 25 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden war. Diesem lag zur Last, auf dem Dachboden des gemeinsam mit seiner Ehefrau bewohnten Wohnhauses eine Marihuanaplantage betrieben zu haben. Im Berufungsrechtszug wurde der Angeklagte freigesprochen.
Mit seinem Antrag vom 7. November 2007 begehrt der Antragsteller die Festsetzung einer Pauschgebühr in Höhe von 3.000,-- EUR. Er macht geltend, die Verteidigung habe zahlreiche in erster Instanz nicht vernommene Zeugen zu ermitteln bzw. daraufhin zu befragen gehabt, ob sie sachdienliche Hinweise für die Entkräftung des Vorwurfs geben könnten.
II.
Der Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr gemäß § 42 RVG ist zulässig, da der Wahlverteidiger bislang Kostenfestsetzung noch nicht beantragt hat (OLG Celle, B. v. 29.07.2008 - 1 ARs 46/08 - StraFo 2008, 398 = NStZ-RR 2009, 31); er ist indessen nicht begründet. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass die Mühewaltung des Wahlverteidigers mit den gesetzlichen Rahmengebühren ausreichend abgegolten werden kann.
1.
Nach § 42 Abs. 1 RVG wird dem gewählten Verteidiger auf Antrag eine Pauschgebühr für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte festgesetzt, wenn auf Grund des besonderen Umfanges oder der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren eines Wahlanwaltes nicht zumutbar sind.
Die Prüfung der Unzumutbarkeit schließt die Berücksichtigung der weiteren Umstände, die nach § 14 RVG bei der Bemessung der Rahmengebühren durch den Verteidiger maßgeblich sind, nämlich der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, ein. Denn nur dann kann beurteilt werden, ob der Höchstbetrag der Rahmengebühr für den Verteidiger nicht zumutbar ist. Eine Pauschgebühr nach § 42 RVG wird vorrangig dann in Betracht kommen, wenn bereits die Bedeutung der Sache für den Angeklagten und/oder die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers überdurchschnittlich sind sowie zusätzlich ein besonderer Umfang der anwaltlichen Tätigkeit bzw. eine besondere Schwierigkeit derselben gegeben ist. Insoweit unterscheidet sich die Festsetzung der Pauschgebühr nach § 42 RVG, auch wenn der Gesetzeswortlaut fast identisch ist, wesentlich von der Festsetzung einer Pauschgebühr gemäß § 51 RVG (vgl. BGH, B. v. 03.04.2007 - 3 StR 486/06 -, RVGReport 2007, 264; OLG Jena, B. v. 26.08.2005 - 1 AR (S) 51/05 -, NJW 2006, 933; OLG Jena, B. v. 18.09.2006 - 1 AR (S) 38/06 -, RVGReport 2007, 119; OLG Köln, 2. Strafsenat , B. v. 7.11.2006 - 2 ARs 127/06 und v. 19.12.206 - 2 ARs 151/06).
2.
Von diesen Grundsätzen ausgehend kam vorliegend die Bewilligung einer Pauschgebühr nicht in Betracht.
Die Einkommensverhältnisse des Angeklagten sind mit einen monatlichen Nettoeinkommen von 1.400,-- EUR durchschnittlich. Allerdings war die Bedeutung der Angelegenheit für diesen überdurchschnittlich. Der zuvor unbestrafte Angeklagte war nämlich durch das Amtsgericht zu einer empfindlichen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dies rechtfertigt Rahmengebühren des Wahlverteidigers im oberen Bereich des Gebührenrahmens.
Der Senat hatte weiter zu prüfen, ob unter Berücksichtigung einer besonderen Schwierigkeit und/oder eines besonderen Umfangs der Sache die Höchstgebühren, die der Antragsteller zutreffend mit 2.280,-- EUR (Grundgebühr, Verfahrensgebühr, drei Terminsgebühren à 470,-- EUR zuzüglich einer Terminsgebühr i. H. v. 100,-- EUR für den Termin vom 20.09.2007, der lediglich 17 Minuten dauerte) beziffert, für den Wahlanwalt nicht zumutbar sind. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass einerseits die Verfahrensgebühr nach allgemeiner Auffassung die Sammlung der Beweismittel mit abgilt und eigene Ermittlungen des Wahlverteidigers zum Abgeltungsbereich dieser Gebühr gehören (Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage 2007, Nrn. 4104, 4105 VV RVG Rz. 5; Burhoff, RVG, 2. Auflage 2007, Nr. 4104 Rz. 12), dass andererseits eigene Ermittlungen des Rechtsanwalts aber auch die Zuerkennung einer Pauschgebühr rechtfertigen können (Hartmann a. a. O. § 42 RVG Rz. 6 - 10 i.V.m. § 51 Rz. 10; Burhoff a. a. O. § 42 Rz. 5 i.V.m. § 51 Rz. 81). Vor diesem Hintergrund vermag nicht jede eigene Tätigkeit des Wahlanwalts zur Sachverhaltsaufklärung eine Pauschgebühr zu rechtfertigen; abzustellen ist vielmehr auf das Gewicht und den Umfang der entfalteten Tätigkeit.
Insoweit macht der A...