Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltszwang im selbständigen Beweisverfahren für die Stellungnahme zu einem eingeholten Sachverständigengutachten
Leitsatz (amtlich)
Unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH v. 12.7.2012 - VII ZB 9/12 - (BGHZ 194, 68 ff. = NJW 2012, 2810 ff.) muss sich eine Partei (hier: Antragsgegner) im selbständigen Beweisverfahren für die Stellungnahme zu einem eingeholten Sachverständigengutachten durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Aus § 486 Abs. 4 ZPO folgt nicht die Befreiung vom Anwaltszwang für das gesamte sich anschließende Verfahren außerhalb der mündlichen Verhandlung (entgegen OLG Köln, Beschlüsse vom 1.3.2012 - 15 W 78/11 - in juris Rz. 16 ff.; v. 15.3.2012 - 3 W 16/12, MDR 2012, 934 f. = juris Rz. 3; OLG Nürnberg NJW 2011, 1613, Rz. 11 ff. m.w.N.).
Normenkette
ZPO § 486 Abs. 4, § 78 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 10.03.2014; Aktenzeichen 37 OH 1/13) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 37. Zivilkammer des LG Köln vom 10.3.2014 - 37 OH 1/13 -wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Antragsgegnerin zur Last.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Mit ihrer Stellungnahme vom 5.2.2012 zu dem Antrag der Wohnungseigentumsgemeinschaft auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens vom 21.12.2012 hat die Antragsgegnerin persönlich der Beteiligten zu 1. den Streit verkündet. Die Streitverkündungsschrift ist dieser am 14.2.2013 zugestellt worden. Ein Richter der zuständigen Kammer des LG hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 8.2.2013 "ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch im selbständigen Beweisverfahren vor dem LG grundsätzlich Anwaltszwang besteht und das Gericht Ausführungen der Parteien demgemäß grundsätzlich nicht berücksichtigen kann. Die Zustellung der Streitverkündung erfolgt, da es sich bei der Streitverkündung um eine ausnahmsweise vom Anwaltszwang befreite Prozesshandlung handelt." (47 GA) Mit Schreiben vom 15.2.2013 (85 GA) hat die Antragsgegnerin um nähere Erläuterung dieses Schreibens gebeten. Sie sei zur Stellungnahme auf den Antrag aufgefordert worden, ohne auf das Erfordernis eines Anwaltszwanges verwiesen worden zu sein; auch in anderen vor dem LG Köln anhängigen selbständigen Beweisverfahren sei sie bislang nicht entsprechend hingewiesen worden.
Darauf hat das LG mit Schreiben vom 20.2.2013 (60 GA) "vorsorglich nochmals auf den auch im selbständigen Beweisverfahren - mit Ausnahme der An-tragstellung - für die Parteien grundsätzlich bestehenden Anwaltszwang", das vorherige Schreiben vom 8.2.2013 und die Entscheidung des BGH vom 12.7.2012 (NJW 2012, 2810 ff.) hingewiesen.
Mit einem ausführlichen Schreiben vom 11.3.2013 (63 f. GA) ging die Antragsgeg-nerin u.a. auf die Entscheidung des BGH ein und zitierte die Stelle, "ob für einzelne Verfahrenshandlungen eine analoge Anwendung des § 486 Abs. 4 ZPO möglich ist, muss der Senat an dieser Stelle nicht entscheiden". Die Antragsgegnerin vertrat die Auffassung, dass sie neben Antragstellung und Streitverkündung auch eine Stellungnahme ohne Beauftragung eines Rechtsanwaltes rechtwirksam abgeben könne; dies sei bislang in anderen Verfahren - auch beim LG Köln - ebenso wenig ein Problem gewesen wie die Teilnahme an Ortsterminen. Nur für die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung bestehe Rechtsanwaltszwang. Weiterhin bat sie um eine rechtsmittelfähige Entscheidung.
Die Beteiligte zu 1. persönlich hat mit Schreiben vom 27.2.2013 einer Vielzahl weiterer am Bauvorhaben beteiligter Personen und Firmen den Streit verkündet (65 - 96 GA) den Streit verkündet. In dem Übersendungsschreiben hat der Vorsitzende der Kammer folgenden Hinweis erteilt:
"Es wird darauf hingewiesen, dass eine aktive Beteiligung am selbständigen Beweisverfahren durch Eingaben oder Anträge vor dem LG nach der neueren Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Beschl. v. 12.7.2012 - VII ZB 9/12, NJW 2012, 2810 ff., zitiert nach juris), mit Ausnahme der ersten An-tragstellung des Antragstellers, der Streitverkündung sowie dem Beitritt als Streithelfer nur mittels eines Rechtsanwaltes möglich sein dürfte."
Außerdem wies der Vorsitzende mit Schreiben vom 13.3.3013 (98 GA) die Beteiligte zu 1 auf Folgendes hin:
"Im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren sah sich die Kammer in einer Zeit nach der Eingangsverfügung im vorliegenden Verfahren veranlasst, sich mit der neueren Rechtsprechung des BGH zum Anwaltszwang in selbständigen Beweisverfahren auseinanderzusetzen.
Der BGH hat sich in der genannten Entscheidung nämlich eingehend mit den Auffassungen verschiedener OLG, u.a. auch des OLG Köln befasst, die bislang für das gesamte selbständige Beweisverfahren einen solchen Anwaltszwang ausgeschlossen haben. Als Begründung wurde dabei u.a. auf die entsprechende Anwendung von § 486 IV ZPO Bezug genommen.
Der BGH hat jetzt aber in seiner sehr ausführlichen Begründung dargelegt, dass eine solche Analogie nicht zulässig sei, sondern dass dessen Anwendung als Ausnahmevorschrift...