Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsrecht - Qualitative Erfordernisse zu Erwerbsbemühungen des geschiedenen Ehepartners
Leitsatz (amtlich)
Arbeitsplatzbemühungen, die im Wesentlichen beschränkt sind auf eine erlernte oder bisher ausgeübte Tätigkeit, reichen grundsätzlich aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht aus, um eine Unvermittelbarkeit in eine neue Arbeitsstelle und damit fehlende Erwerbsmöglichkeiten zu belegen. Vielmehr erfordert die sich wandelnde Situation am Arbeitsmarkt von Unterhaltsberechtigten als Arbeitnehmer die Bereitschaft zu mehr Flexibilität zum Berufswechsel in andere zumutbare Berufe, so insbesondere in der Kinder- und Seniorenbetreuung sowie vor allem im Bereich Pflege, wo ein erheblicher Bedarf an Arbeitskräften besteht.
Verfahrensgang
AG Brühl (Beschluss vom 07.01.2011; Aktenzeichen 35 F 300/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den am 7.1.2011 erlassenen Beschluss des AG -Familiengericht- Brühl (35 F 300/08) wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das AG das Verfahrenskostenhilfegesuch der Antragsgegnerin für die Folgesache nachehelicher Unterhalt mangels Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss und in dem Nichtabhilfebeschluss. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Die Antragsgegnerin ist ihrer Erwerbsobliegenheit nicht hinreichend nachgekommen. Es ist bereits unklar, ob sie ihre Arbeitsstelle bei dem Prüfungslabor Prof. Dr. H. L. GmbH mit einem Stundenlohn von 11,50 EUR unverschuldet verloren hat. Zu den näheren Umständen der arbeitgeberseitigen Kündigung trägt die Antragsgegnerin nicht vor. Spätestens ab Erhalt der Kündigung zum 16.8.2010 war die Antragsgegnerin gehalten, sich intensiv um eine neue Arbeitsstelle zu bemühen. Die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bewerbungen reichen zur Erfüllung der unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit weder quantitativ noch qualitativ aus.
Als Anlage zum Schriftsatz vom 8.3.2011 wurden ohne näheren Sachvortrag nur rund 40 Bewerbungen für einen Zeitraum von über 6 Monaten vorgelegt. Dies reicht quantitativ bei weitem nicht aus. Die Antragsgegnerin vermag insoweit nicht zu entlasten, dass sie in den Monaten Dezember 2010 und Januar 2011 teilweise berufstätig war. Denn im Dezember hat sie insgesamt lediglich 53 Stunden und im Januar 2011 durch eine erneute arbeitgeberseitige Kündigung nur 37,15 Stunden gearbeitet, so dass ausreichend Zeit für weitere Bewerbungen verblieb.
Zu beanstanden ist zudem, dass sich die Antragsgegnerin - abgesehen von einer Bewerbung auf eine Stelle als Verkäuferin - nur als Bürokraft beworben hat. Tätigkeitsbereiche, in denen gerichtsbekannt erheblicher Bedarf an Arbeitskräften besteht, wie etwa in der Kinder- und Seniorenbetreuung sowie vor allem im Bereich Pflege, wurden in die Bewerbungsbemühungen nicht einbezogen. Der 47-jährigen Antragsgegnerin kann durchaus zugemutet werden, sich in neue Tätigkeitsbereiche einzuarbeiten. Die Erzielung eines Nettoeinkommens von rund 1.000 EUR, das sich die Antragsgegnerin in der Antragsschrift vom 15.6.2010 noch selbst zugerechnet hat, ist daher durchaus möglich und mangels hinreichender Erwerbsbemühungen der Antragsgegnerin fiktiv zuzurechnen.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die gebotene summarische Unterhaltsberechnung des AG zugunsten der Antragsgegnerin in dem Nichtabhilfebeschluss vom 8.3.2011, gegen die im Beschwerdeverfahren keine Einwände erhoben wurden.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, §§ 127 Abs. 4 ZPO, 73 Abs. 1 bzw. 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG.
Fundstellen