Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten des Patentanwalts in Kennzeichenstreitsachen. Privatgutachten (Meinungsumfrage)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Kennzeichenstreitsache i.S.v. § 140 Abs. 1 MarkenG liegt nur dann nicht vor, wenn dem streitgegenständlichen Sachverhalt jeglicher Bezug zu den angeführten Normen des MarkenG fehlt und zweifelsfrei feststeht, dass ihre Erwähnung in der Klage nur der Zuständigkeitserschleichung oder der Produzierung zusätzlicher Kosten dienen kann; eine (volle) Schlüssigkeitsprüfung der geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche bereits für die Subsumtion unter diese Vorschrift findet nicht statt.

2. Ist eine Kennzeichenstreitsache gegeben, können die Kosten für die Mitwirkung eines Patentanwalts nicht mit der Begründung, es seien überhaupt keine technischen Fragen streitig gewesen, im Festsetzungsverfahren zurückgewiesen werden; die Notwendigkeit der Zuziehung darf auch in einem solchen Fall nicht geprüft werden.

3. Die Kosten für eine erst im Berufungsverfahren vom Berufungsbeklagten eingeholte Meinungsumfrage sind als erstattungsfähiges Privatgutachten jedenfalls dann als notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO anzuerkennen, wenn der Berufungskläger seinerseits mit der Berufung eine entsprechende Studie vorlegt; Kosten von ca. 10.000 EUR für eine Meinungsumfrage erscheinen bei einem hohen Streitwert (300.000 EUR) und Umsätzen in dreistelliger Millionenhöhe jedenfalls nicht unangemessen.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1, § 104; MarkenG § 140 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 15.11.2012; Aktenzeichen 84 O 23/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 15.11.2012 - 84 O 23/12 - unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin teilweise dahin abgeändert, dass von der Antragstellerin 27.361,03 EUR - siebenundzwanzigtausenddreihunderteinundsechzig Euro und 3 Cent - nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 16.5.2012 aus 5.431,60 EUR und seit dem 19.9.2012 aus weiteren 21.929,43 EUR an die Antragsgegnerin zu erstatten sind.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Antragstellerin zur Last.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird insgesamt auf 13.880,80 EUR festgesetzt, wobei 10.200 EUR auf die Beschwerde der Antragstellerin und 3.680,80 EUR auf die der Antragsgegnerin entfallen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat mit der Behauptung, die Antragsgegnerin greife durch die Benutzung der Farbkombination schwarz/gelb in wettbewerbswidriger Weise in die Rechtsposition der Antragstellerin ein, kurz vor der in München vom 29.1. bis 1.2.2012 stattfindenden ISPO 2012 eine einstweilige Verfügung beantragt. Das LG Köln hat am 30.1.2012 antragsgemäß entschieden und der Antragsgegnerin untersagt, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zu Zwecken des Wettbewerbs Langlaufskier und/oder Langlaufskischuhe und/oder Langlaufskimützen in der Farbkombination schwarz/gelb gemäß näher abgebildeten Modellen aus deren aktuellem Katalog anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen (33 - 41 GA). Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 21.3.2012 den Antrag unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und den Streitwert auf 200.000 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das LG näher ausgeführt, warum der Vertrieb nicht gegen §§ 3, 4 Nr. 9a) und b) UWG verstoße (176 - 192 GA).

Mit der Berufung gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin u.a. zur Begründung eine Studie zur Ermittlung der Verkehrsdurchsetzung in Deutschland betreffend die Farbgebung gelb/schwarz bei Ski-Interessierten von April 2012 vorgelegt (283 - 303 GA). Den geltend gemachten Verfügungsanspruch hat sie auf §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2 und Abs. 4 MarkenG sowie §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 9, 5 Abs. 2 und 8 Abs. 1 UWG gestützt. Die Antragsgegnerin hat eine "Verkehrsbefragung über die Bekanntheit und Verkehrsgeltung der Farbkombination "Schwarz-Gelb" sowie über die Verbraucherwahrnehmung bezüglich verschiedener Skisportartikel der Marke" der Antragsgegnerin von August 2012 (Anlage AG 48) vorgelegt, die von 246 Interviewern durchgeführt worden war und für die 1.072 Fragebögen ausgewertet wurden. Mit ihrer Replik auf die Berufungserwiderung hat die Antragstellerin eine "repräsentative Verkehrsumfrage zur Ermittlung der Verkehrsdurchsetzung" der Farbgebung "gelb/schwarz" in Deutschland von Juli 2012 vorgelegt (Anlage LS 35 zum Schriftsatz vom 3.9.2012), bei der von 209 Interviewern 1.024 Personen befragt worden waren. In der mündlichen Verhandlung vor dem 6. Zivilsenat des OLG Köln am 7.9.2012 hat die Antragstellerin nach eingehender Erörterung die Berufung zurückgenommen. Der Senat hat die Kosten des Berufungsverfahrens der Antragstellerin auferlegt und den Streitwert für das Berufungsverfahren "mit Rücksicht auf die jetzt primär geltend gemachten kennzeichenrechtlichen Ansprüche auf 300.000 EUR festgesetz...

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