Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 8 O 106/94) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.06.1995 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 8 O 106/94 – wird zurückgewiesen, soweit die vom Landgericht beschiedenen Anträge im Streit sind.
Die Entscheidung über den im Berufungsverfahren gestelltenHilfsantrag und dieKostenentscheidung werden dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Entscheidung über den in der Berufungsinstanz gestelltenHilfsantrag wird gemäß § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Verfahren bei dem Sozialgericht Köln S 18 U 22/96ausgesetzt.
Tatbestand
Der seinerzeit 6 Jahre alte Kläger wurde am 18.08.1992 durch den 7 Jahre, 8 Monate alten Beklagten am Auge verletzt, als der Beklagte mit der Hand, in der er ein Messer hielt, nach einer Biene oder Wespe stieß. Auf Seiten des Beklagten besteht eine private Haftpflichtversicherung, die ihre Eintrittspflicht unter Hinweis auf die fehlende Haftung des Beklagten abgelehnt hat. Der Kläger hat den Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen, der Senat hat auf die Berufung des Klägers durch Grund- und Teilurteil vom 14.02.1996 (veröffentlicht in NJWE-VHR 1996, 134) den Schmerzensgeldanspruch des Klägers dem Grunde als gerechtfertigt erkannt und der Feststellungsklage stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Beklagten dieses Senatsurteil durch Urteil vom 29.04.1997 (VI ZR 110/96 = NJW-RR 1997, 1110 f. = VersR 1997, 834 f.) aufgehoben und die Sache an den Senat zurückverwiesen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens wird auf die genannten Urteile Bezug genommen.
Der Kläger macht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Revisionsurteils geltend, ein Kind im seinerzeitigen Alter des Beklagten habe die Gefahren seines Handelns voraussehen und sich dementsprechend verhalten können.
Er stützt den Klageanspruch nunmehrhilfsweise auf § 829 BGB und macht dazu geltend, der Beklagte sei haftpflichtversichert; zudem sei nicht auszuschließen, dass der Beklagte eines Tages in den Besitz erheblicher eigener Mittel kommen werde.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts
- den Beklagten zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes nebst 4% Zinsen seit dem 05.05.1994 zu verurteilen;
- festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm, dem Kläger, allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Verletzung vom 18.08.1992 noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist;
- hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger künftig, wenn und soweit die Billigkeit es erfordert, ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Hilfsantrag abzuweisen.
Er tritt den Ausführungen des Klägers entgegen:
Wegen der Einzelheiten des Sachvortrages wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens der Sachverständigen Prof. Dr. B. und Dipl.-Psych. Dr. Sch.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten vom 19. und 28.04.1999 (Bl. 380 ff. d.A.) und auf die Sitzungsniederschrift vom 03.11.1999 (Bl. 451 ff. d.A.) betreffend die mündliche Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. B. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat, soweit sie sich gegen die Abweisung der bei dem Landgericht gestellten Anträge wendet, in der Sache keinen Erfolg. Im übrigen ist das Verfahren auszusetzen.
I. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen den Beklagten derzeit keinen Anspruch auf Schadensersatz.
1. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 823 Abs. 1 BGB.
a) Aufgrund der Feststellungen, die der Senat bereits in seinem ersten Urteil getroffen hat und die auch nach dem jetzigen Sach- und Streitstand gerechtfertigt sind, wurde der Kläger allerdings durch eine Handlung des Beklagten an seiner Gesundheit verletzt. Insoweit hat die weitere Beweiserhebung keine zusätzlichen Erkenntnisse erbracht.
b) Das Gleiche gilt für die individuelle Deliktsfähigkeit des Beklagten im Sinne des § 828 Abs. 2 BGB, die auch aufgrund der ergänzenden Beweiserhebung zu bejahen ist.
c) Der Senat kann indes nicht feststellen, dass der Beklagtefahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB gehandelt hat; dem Kläger ist der von ihm zu führende Beweis für ein fahrlässiges Verhalten des Beklagten nicht gelungen. Ausgehend von dem Revisionsurteil hatte der Senat insoweit zu klären, ob ein normal entwickeltes Kind im Alter des Schädigers hätte voraussehen können und müssen, die Abwehr einer Wespe mit dem Messer in der Hand könne eine neben ihm stehende Person verletzen, und ob von ihm bei Erkenntnis der Gefährlichkeit seines Handelns in derkonkreten Situation die Fähig...