Leitsatz (amtlich)
1. Ein Nachschlüsseldiebstahl kann grundsätzlich auch in erleichterter Form bewiesen werden. Der Versicherungsnehmer muss Umstände nachweisen, wonach die Verwendung richtiger Schlüssel unwahrscheinlich oder von mehreren möglichen Begehungsweisen die versicherte wahrscheinlich ist.
2. Ein richtiger Schlüssel wird nicht dadurch falsch, dass seine Verwendung nunmehr, z.B. infolge Mieter- oder Eigentümerwechsels, nicht mehr berechtigt ist.
Bei Anhaltspunkten über das Vorhandensein von zusätzlichen richtigen Schlüsseln muss bewiesen werden, dass auch in der Zeit vor dem Einzug des Versicherungsnehmers kein weiterer Schlüssel gefertigt oder bei der Tat ein solcher nicht verwendet worden sein kann.
Normenkette
VHB 2000 §§ 3, 5
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 12.05.2010; Aktenzeichen 20 O 194/08) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des LG Köln vom 12.5.2010 - 20 O 194/08 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin hatte bei der Beklagten eine Hausratversicherung für die Wohnung T Straße 79 in .../..., in die sie zum 1.11.2007 mit ihrem Ehemann eingezogen war, abgeschlossen. Dem Versicherungsverhältnis lagen die VHB 2000 (Anlage K 2) zugrunde.
Mit der Klage verlangt die Klägerin Entschädigung für einen behaupteten Einbruchdiebstahl im Dezember 2007.
Die Klägerin hat behauptet, während eines Kurzurlaubs auf Sylt in der Zeit vom 06. bis 9.12.2007 sei in die von ihr und ihrem Ehemann bewohnte Wohnung eingebrochen worden. Vor der Kurzreise hätten sie Fenster und Türen verschlossen. Als sie zurückgekehrt seien, hätten sie eine Eingangstür der Wohnung unverschlossen und die Wohnräume in Unordnung vorgefunden. Bei dem Einbruch seien zahlreiche Gegenstände entwendet worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Auflistung in der Klageschrift (Bl. 5 -7) Bezug genommen. Alle sechs Schlüssel hätten sich im Gewahrsam der Klägerin oder ihres Ehemannes befunden. Es könne danach ausgeschlossen werden, dass mittels eines richtigen Schlüssels eingedrungen worden sei.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 49.606 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.2.2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Voraussetzungen eines Versicherungsfalles bestritten und vorgetragen, aus einem von ihr vorprozessual eingeholten Gutachten des Sachverständigen H ergebe sich, dass die vier vorgelegten Schließzylinder nicht mittels Sperrwerkzeugen betätigt oder überwunden worden seien, vielmehr habe man passende Schlüssel verwendet. Auch seien an den sechs Schlüsseln keine Duplizierspuren festzustellen gewesen.
Das LG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen L vom 28.5.2009 (Bl. 126 ff.) und des Ergänzungsgutachtens vom 13.8.2009 (Bl. 191 ff.) nebst mündlicher Erläuterung im Termin vom 3.3.2010 (Bl. 231 ff.). Sodann hat das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, es sei nicht dargetan, dass in die Wohnung i.S.v. § 5 Nr. 3a VHB 2000 eingebrochen worden sei. Einbruchspuren lägen nicht vor. Einen Nachschlüsseldiebstahl durch Eindringen mittels eines falschen Schlüssels habe die Klägerin nicht nachweisen können. Der Versicherungsnehmer genüge seiner Beweislast schon dann, wenn er konkrete Umstände beweise, die nach der Lebenserfahrung mit lediglich hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen ließen, dass ein Nachschlüssel benutzt worden sei. An solchen Umständen fehle es. Kopierspuren hätten sich nicht feststellen lassen. Manipulationsspuren am Schließzylinder seien nicht vorhanden. Dies gelte insbesondere im Bezug auf die von der Klägerin hervorgehobenen frischen Schürfspuren an den Kernstiften des Schlosses. Nach dem Gutachten des Sachverständigen L seien die Spuren dem Schlüssel Nr. 3 zuzuordnen und durch weitere Betätigungen überlagert. Zwar bestehe nach dem Gutachten theoretisch die Möglichkeit, einen Schlüssel, ohne Kopierspuren zu hinterlassen, nachzufertigen und diesen perfekt zu entgraten, so dass er keine Spuren aufweise. Es sei jedoch nicht nachvollziehbar, dass sich ein Täter solche Mühe mache. Die Klägerin hätte konkrete Beweisanzeichen darlegen und beweisen müssen, die es unwahrscheinlich machen, dass weitere Originalschlüssel oder andere richtige Schlüssel verwendet worden seien. Vorliegend sei die Verwendung eines weiteren Schlüssels nicht ausgeschlossen. Wie der Ehemann der Klägerin im Ermittlungsverfahren ausgesagt habe, sei der Hausmeister mit einem Schlüssel in der Wohnung gewesen, als die Klägerin noch keinen Schlüssel gehabt habe. Auch sei nicht auszuschließen...