Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbvertrag: Auslegung eines Änderungsvorbehalts
Leitsatz (redaktionell)
1. Grundsätzlich ist es in einem Erbvertrag ungeachtet der Bindungswirkung zulässig, dem überlebenden Ehegatten das Recht vorzubehalten, dir für den zweiten Erbfall getroffenen Bestimmungen in einem bestimmten Rahmen abzuändern. Ein Änderungsvorbehalt ist jedenfalls dann als statthaft anzusehen, wenn der Erbvertrag ungeachtet des Vorbehalts seinen wesentlichen Inhalt behält und zumindest eine vertraglich bindende und vorbehaltlose Erbeinsetzung enthält.
2. Sollte der Überlebende in einem Erbvertrag, wenn mehrere Abkömmlinge zur Erbfolge gelangen, die Freiheit behalten, einen Abkömmling in guter Absicht zu enterben, Erbteile ungleich zu bestimmen, an die Stelle eines Erbteils ein Vermächtnis auszusetzen, Teilungsanordnungen zu treffen, die Auseinandersetzung unter den Miterben auf Zeit auszuschließen, Bestimmungen über Ausgleichspflichten zu treffen und Testamentsvollstreckung anzuordnen, spricht die Auslegung dafür, dass sie zwar keine völlige Enterbung eines der Kinder einschließlich des jeweiligen Stammes (sondern allenfalls „in guter Absicht”) wollten, dass sie aber eine Ungleichbehandlung der Töchter, wie sie etwa durch eine ungleiche Erbteilsbestimmung, eine Teilungsanordnung und die Aussetzung eines Vermächtnisses an Stelle eines Erbteils möglich ist, zulassen wollten. Da mit diesen im Erbvertrag genannten Verfügungsmöglichkeiten letztlich der gleiche Effekt erzielt werden kann, wie mit dem von der Erblasserin verfügten Vorausvermächtnis, ist dieses als von Sinn und Zweck des Änderungsvorbehalts im Erbvertrag umfasst anzusehen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 2084, 2150, 2278, 2289
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 02.11.2000; Aktenzeichen 2 O 467/00) |
Tenor
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 02.11.2000 – 2 O 467/00 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Verfügungsklägerin hat in der Sache selbst keinen Erfolg.
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Der Verfügungsklägerin (oder der Erbengemeinschaft) steht ein Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte auf Unterlassung einer Verfügung über den im Antrag genannten Grundbesitz nicht zu. Ob ein Verfügungsgrund gegeben ist, kann dahingestellt bleiben.
Soweit in dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eine generelle Untersagung einer Verfügung über den dort bezeichneten Grundbesitz begehrt wird, entspricht dies nicht dem ausweislich der Begründung des Antrags verfolgten Zweck der nachgesuchten einstweiligen Verfügung, der Verfügungsbeklagten eine Übertragung auf sich selbst in Erfüllung des Vorausvermächtnisses zu untersagen. Zu sonstigen Verfügungen über den Grundbesitz ist die Verfügungsbeklagte aber als Testamentsvollstreckerin unter den Voraussetzungen der §§ 2205, 2216 BGB im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung in jedem Fall befugt. Diese Befugnis wird auch von der Verfügungsklägerin letztlich nicht in Zweifel gezogen, da sie von einer wirksamen Bestellung der Verfügungsbeklagten zur Testamentsvollstreckerin ausgeht.
Aber auch eine Übertragung des Grundbesitzes auf sich selbst in Erfüllung des Vorausvermächtnisses kann der Verfügungsbeklagten nicht untersagt werden. Die Verfügungsklägerin hat einen entsprechenden Verfügungsanspruch nicht schlüssig dargetan.
Entscheidende Frage ist, ob die Vermächtnisanordnung in § 2 des Testaments der Mutter der Parteien (Erblasserin) vom 19.05.1999 wegen Verstoßes gegen die Bindungswirkung des Erbvertrags vom 14.07.1981 gemäß § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam ist und deshalb die Verfügungsbeklagte nicht zur Ausführung des zu ihren Gunsten angeordneten Vermächtnisses befugt ist (§ 2203 BGB; vgl. Palandt-Edenhofer, BGB, 60. Aufl., § 2203 Rdn. 2). Dies hängt davon ab, ob die Anordnung des Vermächtnisses den Rahmen des Änderungsvorbehalts in Ziffer VI. des Erbvertrages einhält. Diese Frage ist aber zu bejahen.
Grundsätzlich ist es in einem Erbvertrag ungeachtet der Bindungswirkung zulässig, dem überlebenden Ehegatten das Recht vorzubehalten, die für den zweiten Erbfall getroffenen Bestimmungen in einem bestimmten Rahmen abzuändern (OLG Stuttgart OLGZ 85, 434, 435 f.; Palandt-Edenhofer, a.a.O., § 2289 Rdn. 8 jeweils m.w.N.; einschränkend Musielak in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl., § 2278 Rdn. 22). Ein Änderungsvorbehalt ist jedenfalls dann als statthaft anzusehen, wenn der Erbvertrag ungeachtet des Vorbehalts seinen wesentlichen Inhalt behält und zumindest eine vertraglich bindende und vorbehaltlose Erbeinsetzung enthält (BGHZ 26, 204, 208; Musielak in Münchener Kommentar, a.a.O., § 2278 Rdn. 15 f.; OLG Stuttgart a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die den Erbvertr...