Leitsatz (amtlich)
Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung des Leistungsanspruchs gem. § 12 Abs. 3 VVG a.F. kann seit dem 1. Januar 2008 durch den Versicherer nicht mehr wirksam in Gang gesetzt werden.
Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 28.07.2010; Aktenzeichen 20 O 361/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.07.2010 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 O 361/09 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten aufgrund des Versicherungsvertrags vom 16.07.2001 unter Einbeziehung der VHB 1996 (Bl. 1 ff, 7 ff AH) eine Hausratversicherung für das Objekt I.. 000 in XXXXX T.. Sie macht Ansprüche aus einem Explosions- und Brandschaden vom 05.07.2008 geltend, bei dem sie selbst schwere Verbrennungen erlitt und wesentliche Teile des Hausrats Schaden nahmen. Die Klägerin hatte an diesem Tag Besuch von ihrem Ex-Lebensgefährten, dem Zeugen J., mit dem es zu einem Streit kam. In dem Kellerraum, in dem es später zur Explosion kam, war zu einem streitigen Zeitpunkt Wundbenzin aus einem Kanister verschüttet worden. Am Abend fuhr der Zeuge J. nach Hause. Die Klägerin entzündete gegen 22.15 Uhr in dem Kellerraum ein Feuerzeug, was die Explosion auslöste. Wegen ihrer schweren Verbrennungen verblieb sie bis zum 05.08.2008 stationär in einem Krankenhaus. Mit Schreiben ihres damaligen Rechtsanwalts vom 07.08.2008 (Bl. 43 ff AH) wurden gegenüber der O. GmbH Angaben zum Sachverhalt gemacht. Einen Ortstermin am 20.08.2008 (nicht 2009, wie es versehentlich im landgerichtlichen Urteil heißt) mit dem Schadensregulierer der Beklagten nahm für die Klägerin der Zeuge J. wahr.
Mit Schreiben vom 14.10.2008 lehnte die Beklagte ihre Einstandspflicht ab und setzte der Klägerin unter Belehrung über die Folgen des Fristablaufs gem. § 12 Abs. 3 VVG a.F. eine sechsmonatige Klagefrist. Diese wurde in der Folge verlängert bis zum 20.07.2009.
Die Klägerin, welche sich auf verletzungsbedingte Erinnerungslücken berufen hat, hat behauptet, der Streit mit J. habe am späteren Nachmittag stattgefunden. Hierbei habe der ausgelaufene Benzinkanister eine Rolle gespielt. J. habe gesagt, er habe sich um das ausgelaufene Benzin gekümmert und das Kellerfenster geöffnet. Abends sei sie in den Keller gegangen und das Licht sei nicht angegangen, deswegen habe sie nach der Sicherung schauen wollen und ein Feuerzeug entzündet.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den der Klägerin durch das Brandereignis vom 05.07.2008 entstandenen Hausratschaden aufgrund des bestehenden Versicherungsvertrags mit der Versicherungsscheinnummer SS.SSS.SSSSSS zu erstatten, soweit dieser angefallen ist;
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte R. & Partner, L.-Str. A, YYYYY X., aus der Kostennote Nr. ZZZZZZZ vom 15.07.2009 in Höhe der nicht anrechenbaren Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 RVG-VV von 828,24 € freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich auf Leistungsfreiheit wegen Versäumung der Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F., wegen vorsätzlicher oder zumindest grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls und wegen arglistiger Falschangaben berufen. Sie hat behauptet, die Klägerin habe nach dem Streit mit J. in suizidaler Absicht die Explosion selbst herbeigeführt - so wie dies J. bei der Polizei auch (unstreitig) ausgesagt habe. Jedenfalls sei ihr der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen, da sie in dem Wissen um das verschüttete Benzin offenes Feuer entzündet habe. Die Angabe der Klägerin im Anwaltsschreiben vom 07.08.2008, der Streit und das Verschütten von Benzin hätten sich schon nachmittags im Keller ereignet, sei wissentlich falsch, da der Streit abends im Wohnzimmer stattgefunden habe. Auch J. habe bei dem Ortstermin am 14.08.2008 gegenüber dem Regulierer wissentliche Falschangaben gemacht, die sich die Klägerin zurechnen lassen müsse, da sie ihn mit der Erfüllung ihrer Obliegenheiten betraut habe.
Die Feststellungklage ist per Fax am 20.07.2009 beim Landgericht mit der vorläufigen Streitwertangabe 5.001 € eingegangen. Das Landgericht hat unter dem 24.07.2009 Gebühren in Höhe von 408 € angefordert (Bl. I b GA). In der Folge wurden unter dem 03.08. und 05.08.2009 zweimal 408 € eingezahlt (Bl. I c- I d GA). Nach Aufforderung der Kammer vom 07.08.2009, die Streitwertangaben zu präzisieren (Bl. 8 GA), hat die Klägerin zunächst unter dem 15.09.2009 mitgeteilt, einen Gutachter beauftragt zu haben, und unter dem 28.09.2009 angegeben, der Inventarschaden betrage voraussichtlich 36.000 € (Bl. 10, 12 GA). Das Landgerich...