Verfahrensgang
LG Duisburg (Entscheidung vom 25.10.2010) |
Tenor
1.
Auf die Berufung der Klägerin werden das am 25.10.2010 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Duisburg und das zugrundeliegende Verfahren aufgehoben.
2.
Insoweit wird das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt mit der Klage die Feststellung, dass der durch die Beklagte erklärte Rücktritt sowie die erklärte Anfechtung den Versicherungsvertrag zwischen den Parteien nicht beendet bzw. aufgelöst haben. Zudem macht sie - nach behaupteter Berufsunfähigkeit ab 2007 - Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung und Beitragsfreiheit geltend.
Am 17.06.2002 beantragte sie bei der Beklagten die streitgegenständliche Berufsunfähigkeitsversicherung. In dem Antragsformular der Beklagten, dass die Klägerin nicht selbst ausfüllte, sondern im Gespräch mit ihr entweder der Zeuge C., Versicherungsvertreter der Beklagten - so die Beklagte - oder der Zeuge Ö. im Auftrag des Zeugen C. - so die Klägerin -, wurde im Namen der Klägerin die Frage nach ärztlichen Behandlungen in den letzten fünf Jahren bejaht, zur Konkretisierung der Behandlung heißt es in dem Antragsformular wörtlich:
"Routine Untersuchung 03/2002 keine befund".
Zudem gab die Klägerin namentlich ihre Hausärztin nebst deren Anschrift an. Die gemäß Formular gestellte Frage, ob die Klägerin in den letzten fünf Jahren unter Krankheiten, Störungen oder Beschwerden gelitten habe, wurde in dem Antrag verneint. Tatsächlich war die Klägerin seit dem Jahre 2000 bei der Psychiaterin Dr. M. in nervenärztlicher Behandlung und kurz vor der Antragstellung in der Zeit vom 12.03.2002 bis zum 26.04.2002 arbeitsunfähig krankgeschrieben und ärztlich behandelt worden.
Nach angeblich im Laufe des Jahres 2007 eingetretener Berufsunfähigkeit beantragte die Klägerin Leistungen bei der Beklagten. Diese erklärte mit Schreiben vom 14.05.2008, der Klägerin am 20.05.2008 zugegangen, den Rücktritt von dem Versicherungsvertrag und die Anfechtung desselben wegen behaupteter arglistiger Täuschung durch die Klägerin im Hinblick auf vermeintlich verschwiegene Vorerkrankungen. In dem Schreiben wies die Beklagte auf die Sechs-Monats-Frist zur gerichtlichen Geltendmachung etwaiger Ansprüche gemäß § 12 Abs. 3 VVG a.F. durch Fettdruck hervorgehoben hin. Insoweit vertritt sie die Ansicht, dass auch im Jahre 2008 noch wirksam eine Frist gemäß § 12 Abs. 3 VVG a.F. gesetzt werden konnte.
Die Klägerin hat behauptet, dem Zeugen Ö., der den Antrag aufgenommen hätte, ihre psychischen Probleme und Behandlungen durch ihre Hausärztin Dr. B. angegeben zu haben. Da jedoch keine wesentlichen psychiatrischen Befunde vorgelegen hätten, hätte der Zeuge Ö. erklärt, dass derartige vorübergehende Gesundheitsprobleme nicht angegeben werden müssten. Sie sei absolut gutgläubig gewesen, da sie auch im Einvernehmen mit dem Versicherungsvertreter davon ausgegangen sei, dass die Beklagte zeitnah bei ihrer Hausärztin, die sie wegen ihrer psychischen Probleme zunächst mit Tabletten behandelt hätte, Nachfrage halten würde.
Die Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin angegeben hätte, unter Depressionen zu leiden. Zudem hat sie sich darauf berufen, dass ihr Versicherungsvertreter C. nicht befugt gewesen sei, einen Dritten mit der Aufnahme eines Versicherungsantrags zu beauftragen. Erklärungen gegenüber dem Zeugen Ö. - soweit dies geschehen sei - seien ihr daher nicht zuzurechnen, außerdem sei für die Klägerin klar erkenntlich gewesen, dass der Zeuge Ö. die Angaben nicht weiterleiten würde, weil der Vertrag sonst nicht oder nur zu ungünstigeren Bedingungen zustande gekommen wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen erstinstanzlichen Vortrags sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in den Entscheidungsgründen enthaltenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte rechtswirksam gemäß § 16 Abs. 2 VVG a.F. vom Vertrag zurückgetreten und auch die auf § 123 Abs. 1 BGB gestützte Anfechtung gerechtfertigt sei. Denn die Klägerin habe gegenüber der Beklagten die Angabe eines erheblichen Umstandes, nämlich ärztlicher Behandlungen, im Antragsformular unterlassen. Sie habe auch arglistig gehandelt, denn sie habe die Unrichtigkeit ihrer Angaben gekannt.
Hiergegen hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese begründet. Sie macht geltend, das Landgericht habe die "Auge- und Ohr-Rechtsprechung" des Bundesgerichtshofs nicht berücksichtigt. So habe es unberücksichtigt gelassen, dass sie Beweis dafür angetreten habe, bei der Antragstellung gegenüber dem Antragsaufnehmenden, dem Zeugen Ö., dargelegt zu...