nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
UWG-Recht. Glücksspielverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Eine nach Maßgabe des Gewerbegesetzes der DDR erteilte Gewerbeerlaubnis nach der bis zum Wirksamwerden des Beitritts am 03.10.1990 maßgeblichen Rechtslage der DDR reicht für sich genommen nicht als behördliche Genehmigung aus, um Sportwetten i.S. des strafrechtlichen Glücksspielverbots (§ 284 StGB) zu legalisieren.
2. Ein Verstoß gegen wertbezogene Normen (hier § 284 StGB) stellt regelmäßig einen Verstoß gegen § 1 UWG dar; eine Ausnahme hiervon kommt nur in Betracht, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalles eine anderslautende Beurteilung des Verhaltens eines Wettbewerbers gebieten. Bei einem Verstoß gegen das Glücksspielverbot des § 284 StGB ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn die Frage der Normbruchs eine spezifisch verwaltungsrechtliche Problemlage betrifft, die von zwei Fachgerichten im Sinne des handelnden Wettbewerbers beurteilt worden ist.
3. Nach Art. 19 des Einigungsvertrages gelten vor dem Wirksamwerden des Beitritts am 03.10.1990 ergangene Verwaltungsakte der DDR grundsätzlich fort; eine räumliche Beschränkung der Fortgeltung der Verwaltungsakte der DDR nur in deren (ehemaligem) Hoheitsgebiet, nicht aber im Hoheitsgebiet der alten Bundesländer, lässt sich § 19 des Einigungsvertrages nicht entnehmen.
Normenkette
UWG § 1; StGB § 184; Einigungsvertrag § 19
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 04.03.1999; Aktenzeichen 84 O 26/98) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 04.03.1999 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 84 O 26/98 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Den Parteien wird nachgelassen, die von ihnen jeweils zu stellende Sicherheit in Form der unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen schriftlichen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.
Die mit diesem Urteil für die Klägerin verbundene Beschwer wird auf 1.000.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Kläger ist eine Gesellschafterin des deutschen Lotto- und Totoblocks, die im Land Nordrhein-Westfalen eine Vielzahl von Gewinnspielen organisiert und durchführt.
Die Beklagte, eine durch den Rat des Bezirks der Stadt G./T. am 04.05.1990 nach Maßgabe der Verordnung vom 25.01.1990 über die Gründung und Tätigkeit von Unternehmen mit ausländischer Beteiligung in der DDR (GBl. I Nr. 4, S. 16) genehmigte Gesellschaft, veranstaltet seit mehreren Jahren Sportwetten aller Art – mit Ausnahme von Pferdewetten –, die sie bundesweit anbietet und u.a. im Internet bewirbt. Nach dem Spielsystem der Beklagten können die Teilnehmer unter Einsatz eines von ihnen selbst bestimmten Spieleinsatzes von mindestens 3,00 DM pro Tippreihe auf den Ausgang einzelner Spielpaarungen wetten. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten der beklagtenseits angebotenen und veranstalteten Sportwetten wird auf die als Anlage K 1 zu den Akten gereichten „Spielregeln” (Bl. 32 ff d.A.) sowie die im Internet publizierte Werbung (Bl. 54 ff) Bezug genommen. Die Beklagte hält einen am 07.09.1990 beantragten und unter dem Datum des 14.09.1990 durch den Magistrat der Stadt G. – Gewerbeamt – erteilten Bescheid in Händen, wonach ihr auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR vom 06.03.1990 für den „Abschluss von Sportwetten – Buchmacher –” eine Erlaubnis erteilt wurde. Die Parteien streiten nunmehr im wesentlichen darum, ob diese Gewerbeerlaubnis ausreichend war und ist, um die von der Beklagten angebotenen und durchgeführten Sportwetten zu legitimieren oder ob die Beklagte, um ihre Sportwetten zulässigerweise veranstalten und bewerben zu dürfen, weitergehender Genehmigungen bedarf, und ob schließlich das Fehlen derartiger ggf. erforderlicher weiterer Konzessionen der Klägerin einen wettbewerblichen Unterlassungsanspruch verschafft.
Dem vorliegenden Rechtsstreit geht dabei eine u.a. auf verwaltungsrechtlicher Ebene ausgetragene und noch andauernde Auseinandersetzung der Beklagten mit den Verwaltungsbehörden des Landes T. über die Zulässigkeit der vorbeschriebenen gewerblichen Tätigkeit voraus.
So wurde aufgrund eines Schreibens des T.er Innenministeriums vom 24.05.1991 gegen den früheren Geschäftsführer N. der Beklagten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes des unerlaubten Glücksspiels i.S. von § 284 StGB durch die Staatsanwaltschaft G. aufgenommen, das jedoch gemäß § 170 Abs. 2 StPO mit der Begründung eingestellt wurde, dass die Beklagte eine Gewerbeerlaubnis vorweisen könne, die nach Art. 19 Abs. 1 des Einigungsvertrages fortgelte. In seinem an die Staatsanwaltschaft G. gerichteten Schreiben vom 17.01.1992 teilte das T.ische Innenministerium mit, dass zwar die Zustimmung zur Einstellung dieses Ermittlungsverfahrens...