Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlerhafte Abtrennung einer Folgesache im Scheidungsverbund
Leitsatz (amtlich)
Scheidet das Familiengericht eine Ehe, ohne zugleich über eine anhängige Folgesache zu entscheiden, so liegt hierin ein schwerer Verfahrensfehler (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 623 Rz. 2 m.w.N.).
Eine Folgesache ist nach bisherigem Recht auch dann noch rechtzeitig und formwirksam anhängig gemacht worden, wenn der Antrag in der Folgesache erst im Scheidungstermin gestellt wird. Da das Gesetz die Einreichung einer Klage- oder Antragsschrift nicht vorschreibt, kann der Scheidungsantrag nach den §§ 297, 261 Abs. 2 ZPO auch durch Antragstellung im Termin auf Folgesachen erweitert werden (vgl. hierzu BGH FamRZ 1987, 802 f. = NJW 1987, 3264). Der Folgeantrag muss dann aus einer dem Protokoll als Antrag beizufügenden Schrift verlesen werden (§ 297 Abs. 1 ZPO). Wenn ein solcher Antrag erst in der Verhandlung gestellt wird, in der die Ehe geschieden werden soll, kann das Familiengericht nicht verlangen, dass er sogleich begründet wird, sondern es muss die Verhandlung vertagen (BGH, a.a.O.; Düsseldorf FamRZ 1987, 958; Koblenz FamRZ 2004, 551; so auch Zöller, a.a.O., § 623 Rz. 25)., wenn nicht aus sonstigen Gründen die Voraussetzungen für eine Abtrennung vorliegen.
Normenkette
ZPO §§ 621, 628
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Urteil vom 03.04.2009; Aktenzeichen 13 F 279/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 3.4.2009 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Eschweiler - 13 F 279/08 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Familiengericht zurückverwiesen.
Gründe
Die zulässige - insbesondere form- und fristgerecht eingelegte - Berufung der Antragstellerin hat auch in der Sache insoweit Erfolg, als die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Familiengericht zurückzuverweisen war.
Das erstinstanzliche Verfahren leidet unter einem schweren Verfahrensmangel. Denn das Familiengericht durfte nicht unter Abtrennung des Güterrechtsverfahrens über den Scheidungsantrag entscheiden. Die Abtrennungsvoraussetzungen lagen nicht vor.
Scheidet aber das Familiengericht eine Ehe, ohne zugleich über eine Folgesache zu entscheiden, so liegt hierin ein schwerer Verfahrensfehler (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 623 Rz. 2 m.w.N.).
Der wesentliche Verfahrensfehler liegt in dem Verstoß begründet, dass, soweit in Familiensachen des § 621 Abs. 1 Nr. 5 - 9, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist und von einem Ehegatten rechtzeitig begehrt wird, hierüber gleichzeitig und zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und, sofern dem Scheidungsantrag stattgegeben wird, zu entscheiden ist (Folgesachen). Dies hat das Familiengericht missachtet. Bei dem abgetrennten Verfahren handelt es sich um eine Güterrechtssache nach § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO. Die Güterrechtssache ist auch rechtzeitig anhängig gemacht worden. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Familiengericht bereits verfahrensfehlerhaft den unbedingt gestellten Güterrechtsantrag zunächst nicht zugestellt hat. Denn jedenfalls hat die Antragstellerin im Scheidungstermin den Güterrechtsantrag gestellt. Dies war rechtzeitig. Zwar sind, da Scheidungs- und Folgesachen im Anwaltsprozess verhandelt werden, Anträge durch vorbereitende Schriftsätze anzukündigen. Diese sind dem Gegner sofort zuzustellen (vgl. § 166 Abs. 2 ZPO). Die Zustellung darf nicht von der Vorauszahlung der Verfahrensgebühr abhängig gemacht werden (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 2 GKG). Die Schriftsätze sollen die Anträge enthalten, die der Antragsteller in zivilprozessualen Folgesachen stellen will. Da das Gesetz die Einreichung einer Klage- oder Antragsschrift nicht vorschreibt, kann der Scheidungsantrag nach den §§ 297, 261 Abs. 2 auch durch Antragstellung im Termin auf Folgesachen erweitert werden (vgl. hierzu BGH FamRZ 1987, 802 f. = NJW 3264). Der Folgeantrag muss dann aus einer dem Protokoll als Antrag beizufügenden Schrift verlesen werden (§ 297 Abs. 1 ZPO). Wenn ein solcher Antrag erst in der Verhandlung gestellt wird, in der die Ehe geschieden werden soll, kann das Familiengericht nicht verlangen, dass er sogleich begründet wird, sondern es muss die Verhandlung vertagen (BGH, a.a.O.; Düsseldorf FamRZ 1987, 958; Koblenz FamRZ 2004, 551; so auch Zöller, a.a.O., § 623 Rz. 25).
Es kann nicht zweifelhaft sein, dass die Folgesache Güterrecht anhängig geworden ist. Eine Abtrennung der Güterrechtssache war daher, da für die hier geschilderte Fallkonstellation die Verspätungsregeln nicht gelten, nur unter den Voraussetzungen des § 628 Nr. 4 ZPO möglich. Danach kann das Gericht dem Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache stattgeben, soweit die gleichzeitige Entscheidung über die Folgesache den Scheidungsanspruch so außergewöhnlich verzögern würde, dass der Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutun...