Leitsatz (amtlich)
1. Die Grundsätze über die Abrechnung eines vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrages, die den Auftragnehmer zu einer Neuberechnung des Pauschalpreises verpflichten, gelten nicht, wenn der Auftraggeber die Arbeiten als im Wesentlichen vertragsgerecht abnimmt. Nach Abnahme richten sich eventuelle Gegenrechte des Auftraggebers wegen nicht erbrachter Leistungen vielmehr nach Gewährleistungsrecht.
2. Dem Hauptschuldner steht aus dem Sicherungsvertrag über die Stellung einer Bürgschaft ein eigener Anspruch auf Rückforderung einer zu Unrecht gezogenen Bürgschaft zu.
3. Der Rückforderungsanspruch des Hauptschuldners ist zunächst nur auf Zahlung an den Bürgen oder Befreiung vom Aufwendungsersatzanspruch des Bürgen gerichtet. Der Hauptschuldner kann erst dann Zahlung der erhaltenen Bürgschaftsleistung an sich verlangen, wenn er dem Bürgen im Wege des Rückgriffs dessen Aufwendungen erstattet hat.
4. Die Beweislast im Prozess auf Rückforderung einer zu Unrecht gezogenen Vorauszahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern entspricht der Beweislast für die Geltendmachung des Werklohnanspruchs durch den Auftragnehmer.
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 06.05.2003; Aktenzeichen 41 O 30/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.5.2003 verkündete Urteil des LG Aachen - 41 O 30/01 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.866,13 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 31.1.2001 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 42 % und die Beklagte zu 58 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens OLG Köln 4 U 9/02 trägt die Beklagte.
Die Kosten dieses Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 32 % und die Beklagte zu 68 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 39.443,66 Euro festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht Restwerklohnansprüche einer - inzwischen aufgelösten - Firma Bau GmbH U. im Zusammenhang mit einem Generalunternehmervertrag geltend. Die Bau GmbH U. hatte im Wege einer Sicherungsglobalzession ihre Ansprüche an die E. Bank abgetreten; die E. Bank trat die Ansprüche ihrerseits am 26.7.2000 an die Klägerin ab. Die Aktivlegitimation der Klägerin ist durch ein Urteil des 4. Zivilsenats vom 3.9.2002 (4 U 9/02 OLG Köln) geklärt, durch das ein Teilurteil des LG im vorliegenden Verfahren aufgehoben und die Sache an das LG zurückverwiesen wurde. Auf das Urteil des 4. Zivilsenats wird Bezug genommen.
Mit Generalunternehmervertrag vom 8.5.1998 beauftragte die Beklagte die Bau GmbH U. mit der schlüsselfertigen Errichtung von 5 Einfamilienhäusern in L., T-B., (Rittergut L.) zum Pauschalpreis von 890.000 DM einschl. Mehrwertsteuer. Die Geltung der VOB ist vereinbart, ferner haben die Parteien eine Gewährleistungsfrist für die Außenanlagen von 2 Jahren und im Übrigen von 5 Jahren vereinbart.
Bei einem Abnahmetermin am 16.12.1998 wurde eine Reihe von Mängeln festgestellt und festgehalten (GA 21 ff.). Die Bau GmbH U. erstellte am 18.12.1998 eine erste Schlussrechnung über den Pauschalfestpreis und verschiedene Nachträge. Am 18.1.1999 zahlte die Beklagte 50.000 DM, nachdem die Bau GmbH U. ihr eine entsprechende selbstschuldnerische "Anzahlungsbürgschaft" auf erstes Anfordern der E. Bank zur Sicherung eines eventuellen Anspruchs auf Rückzahlung der Anzahlung von 50.000 DM vorgelegt hatte (GA 108). Spätestens am 4.8.1999 erfolgte die Abnahme, wobei noch einige Mängel festgestellt wurden (GA 29 ff.). Am 12.8.1999 stellte die Bau GmbH U. Insolvenzantrag (HReg.-Auszug GA 206). Die Beklagte machte mit Schreiben vom 19.8.1999 unter Bezugnahme auf eine Mängelliste (GA 123 f.) ggü. der E. Bank die Bürgschaft geltend, diese zahlte den Betrag an die Beklagte. Ende 1999 wurde der Insolvenzantrag der Bau GmbH U. mangels Masse zurückgewiesen und die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht.
Die Klägerin hat aus einer Schlussrechnung vom 11.8.2000 (GA 38) eine Werklohnforderung von 89.887,43 DM geltend gemacht. Der Betrag setzt sich zusammen aus
Pauschalpreis 890.000 DM
Nachträge 60.390,98 DM
Zwischensumme 950.390,98 DM
abzügl. Abschlagszahlungen 860.503,55 DM.
In den vorgenannten Abschlagszahlungen ist die Zahlung der Beklagten über 50.000 DM nicht enthalten.
Die Beklagte hat sich u.a. auf nicht ausgeführte Leistungen und Mängel berufen, nämlich im Ei...