Leitsatz (amtlich)
1. Eine Abdichtung der Außenwände eines Hauses gegen Bodenfeuchte und nicht-stauendes Sickerwasser ist mangelhaft, wenn aufgrund der gegebenen Bodenverhältnisse mit drückendem Wasser gerechnet werden muss. Das gilt auch dann, wenn nach der von einem Fertig- bzw. Massivhausanbieter aufgestellten Leistungsbeschreibung eine weitergehende Abdichtung nicht vorgesehen und der Einbau einer eventuell erforderlichen Drainage Bauherrenleistung ist.
2. Der Fertig- bzw. Massivhausanbieter wird in diesem Fall nur dann von seiner Gewährleistung frei, wenn er den Besteller nach Klärung der örtlichen Bodenverhältnisse unmissverständlich auf das Erfordernis einer Drainage für das konkrete Bauvorhaben und die Risiken einer nicht den Anforderungen entsprechenden Abdichtung hinweist. Der allgemeine Hinweis in einem mehrseitigen Nachtrag zur Bau- und Leistungsbeschreibung, dass die standardmäßige Abdichtung dem Lastfall "nicht stauendes Sickerwasser" entspricht, ohne Einbau der Drainage überwiegend der Lastfall "aufstauendes Sickerwasser" auftritt und der Einbau einer Drainage nach DIN 4109 in Bauherreneigenleistung dringend erforderlich ist, genügt nicht.
3. Hat nach dem Vertrag über die Erstellung eines Fertig- bzw. Massivhauses der Besteller ein Bodengutachten beizubringen, muss er sich gem. §§ 254, 278 BGB eventuelle Fehler des Bodengutachtens (falsche bzw. widersprüchliche Bewertung des Lastfalles) als Mitverschulden anrechnen lassen.
Normenkette
BGB §§ 254, 278, 633 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 18 O 105/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 05.02.2021 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 18 O 105/19 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.678,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2017 zu zahlen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 597,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, Az: 15 H 6/17 Amtsgericht Waldbröl, tragen die Klägerin zu 38% und die Beklagte zu 62%. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 11% und die Beklagte zu 89%.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 23.263,31 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung.
Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit Vertrag vom 07.03.2013 (Anlage K1, Bl. 10 ff. LGA = Anlage B1, Bl. 351 ff. LGA) zu einem vereinbarten Festpreis mit der Planung und Erstellung eines Einfamilienhauses ohne Keller als Ausbauhaus auf einem von der Klägerin zuvor erworbenen unbebauten Grundstück. Die Herstellung der Außenanlagen war nicht im Festpreispaket enthalten und sollte von der Klägerin in Eigenregie erfolgen. Nr. 6 Ziff. 1 f) des Vertrages sah vor, dass die Klägerin vor Beginn der Ausführung ein Baugrundgutachten vorzulegen habe.
Am 22.03.2013 fand zwischen den Parteien eine Baudurchsprache statt, im Rahmen derer die Klägerin einen mehrseitigen "Nachtrag zur Bau- und Ausstattungsbeschreibung" unterzeichnete (vgl. Anlage K10, Bl. 252 ff. LGA). Ob hiernach die Erstellung einer Drainage zur Gebäudeabdichtung als Bauherrenleistung dem Pflichtenkreis der Klägerin zugewiesen wurde, ist zwischen den Parteien streitig.
Unter dem 19.07.2013 holte die Klägerin zum geplanten Bauvorhaben ein Bodengutachten der Firma A GmbH (vgl. Anlage AG1, Bl. 246 ff. d.A. AG Waldbröl, Az.: 15 H 6/17) ein. Auf Seite 8 des Gutachtens unter Ziff. 6 "Bauwerksabdichtung" heißt es auszugsweise:
"Lastfall: Aufgrund nichtunterkellerter Bauweise ist die anzusetzende Art der Wassereinwirkung Bodenfeuchte und nichtstauendes Sickerwasser.
Abdichtung: Erdberührte Bauteile sind entsprechend DIN 18195-4:2011-12 gegen Bodenfeuchte und nichtstauendes Sickerwasser abzudichten."
Die Beklagte errichtete das Fertighaus unter der Annahme des Lastfalls Bodenfeuchte und nichtstauendes Sickerwasser. Eine Drainage wurde weder von der Beklagten noch von der Klägerin installiert.
Nach Fertigstellung der Arbeiten und Abnahme durch die Klägerin ließ diese in Eigenleistung die Außenanlagen erstellen, insbesondere eine Pflasterung rund um das Gebäude, die teilweise bis unmittelbar an die Hauswand geführt wurde.
In der Folgezeit traten im Sockelbereich Ausblühungen, Farbabplatzungen und Feuchtigkeitserscheinungen auf; teilweise trat di...