Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 20 O 435/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel der Parteien im Übrigen das Urteil des Landgerichts Köln vom 08.08.2019 - 20 O 435/18 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.781,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2019 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges VW A 1.6 l mit der Fahrzeugidentifikationsnummer B zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich der Kosten erster Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Landgerichts. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 67 % und die Beklagte zu 33 %.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen des Erwerbs eines vom sog. Abgasskandal betroffenen Neufahrzeugs vom Typ Volkswagen A "Match" Bluemotion, 1.6 l im Juli 2012. Die Beklagte ist die Herstellerin des Fahrzeugs und des in ihm verbauten Dieselmotors vom Typ EA 189 (EU 5).
Der Kläger schloss am 04.07.2012 mit dem Autohaus C GmbH & Co. KG in D einen Kaufvertrag über das streitgegenständliche Neufahrzeug zum Kaufpreis von 21.900,01 EUR brutto. Das Fahrzeug wurde durch ein Darlehen der Volkswagen Bank finanziert. Dem Kläger entstanden Finanzierungskosten i.H.v. 1.555,36 EUR. Das Darlehen war im Jahr 2016 vollständig abgelöst.
Die Steuerung des streitgegenständlichen Fahrzeugmotors war bei Übergabe mit einer Software ausgestattet, die anhand des Fahrverhaltens erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im realen Fahrbetrieb befindet. Gleichzeitig war die Software so programmiert, dass sie zwei unterschiedliche Betriebsmodi für die Steuerung der Abgasrückführung aufwies: Im Modus 1, der nur beim Durchfahren des neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) auf dem Prüfstand aktiv war, kam es zu einer höheren Abgasrückführung und damit zu einem geringeren Ausstoß von Stickoxiden als im Modus 0, mit dem das Fahrzeug im normalen Straßenverkehr betrieben wurde. Über die Existenz dieser - von der Beklagten als "Umschaltlogik" bezeichneten und vom Kraftfahrbundesamt (KFB) als unzulässige Abschalteinrichtung qualifizierten - Software informierte die Beklagte im Vorfeld weder den Kläger noch die zuständigen Genehmigungsbehörden.
Nach Bekanntwerden des Softwareeinsatzes im September 2015 gab das KFB am 15.10.2015 der Beklagten auf, Maßnahmen zu entwickeln und zu ergreifen, um die betroffenen Dieselfahrzeuge in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen. Die Beklagte entwickelte daraufhin ein Software-Update, welches am 14.06.2017 auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufgespielt wurde. Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.09.2018 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung auf. Der Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs betrug zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht (27.06.2019) 194.812 km und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (13.02.2020) 214.716 km.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit Urteil vom 08.08.2019 (Bl. 339 ff.) - berichtigt durch Beschluss vom 09.10.2019 (Bl. 356) - hat das Landgericht Köln die Beklagte verurteilt, an den Kläger 9.234,09 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu zahlen und den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 729,29 EUR freizustellen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte ergebe sich aus § 826 BGB. Im Wege des Vorteilsausgleichs müsse sich der Kläger bei einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 300.000 km Nutzungen i.H.v. 14.221,28 EUR anrechnen lassen. Es verbleibe somit ein ersatzfähiger Schaden i.H.v. 7.678,73 EUR. Die Finanzierungskosten i.H.v. 1.555,36 EUR seien ebenfalls als ersatzfähiger Schaden im Rahmen von § 249 BGB zu ersetzen. Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten stünden dem Kläger in Höhe einer 1,3 -fachen Regelgebühr unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 7.678,73 EUR gemäß § 249 BGB zu. Den Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges hat das Landgericht mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger eine weitaus höhere Forderung gegenüber der Beklagten geltend gemacht habe, als ihm tatsächlich zugestanden habe, da er eine Nutzungsentschädigung nicht angerechnet habe. Die Zuvielforderung hindere den Eintritt des Annahmeverzuges. Zinsen könne der Kläger erst seit K...