Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbliche Kraftfahrzeugmiete; Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Vereinbaren die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrages gegen Entgelt eine Haftungsbefreiung oder - reduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung, so darf der Mieter darauf vertrauen, dass die Reichweite des mietvertraglichen Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den er als Eigentümer des Kfz und als Versicherungsnehmer in der Fahrzeugvollversicherung genießt. Das gilt auch im Hinblick auf die Haftung des Mieters für das Verhalten Dritter. Insoweit kommt eine Zurechnung nur nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Repräsentantenhaftung in Betracht. Ein Haftungsvorbehalt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, der hiervon zu Lasten des Mieters abweicht und eine Haftung des Mieters für Erfüllungsgehilfen schlechthin vorsieht, ist nach § 307 BGB mit der Folge unwirksam, dass hinsichtlich der Zurechnung des Verhaltens Dritter die Haftungsbefreiung eingreift.
2. Von der Unwirksamkeit des Teils der Klausel, der die Haftung für Erfüllungsgehilfen vorsieht, unberührt bleibt als rechtlich abtrennbarer Klauselteil die Regelung, dass der Mieter für eigenes vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten haftet. Insoweit haftet der Mieter für den Schaden des Vermieters, der dadurch entsteht, dass er grob fahrlässig die Trunkenheitsfahrt des Dritten zugelassen hat.
Normenkette
BGB § 307; VVG a.F. § 61
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 26.06.2008; Aktenzeichen 15 O 164/07) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten zu 2. wird das Urteil der 15. Zivilkammer des LG Bonn vom 26.6.2008 (15 O 164/07) hinsichtlich der Beklagten zu 2. wie folgt abgeändert:
Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an die Klägerin 1.176,42 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.2.2007 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.2.2007 und - insoweit als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 1. - außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 71 EUR zu zahlen.
Die weitergehende Klage gegen die Beklagte zu 2. wird abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien wie folgt:
1. Erstinstanzliche Kosten:
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen der Beklagte zu 1. zu 45 %, die Beklagte zu 2. zu 5 % und die Klägerin zu 50 %. Davon nicht erfasst werden die nicht zu erhebenden gerichtlichen Kosten, die dadurch entstanden sind, dass das Mahnverfahren gegen die Beklagten zu 2. zweimal an das LG Köln abgegeben worden ist.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. trägt die Klägerin zu 9 % und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. zu 91 %.
Die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin trägt die Beklagte zu 2. zu 5 %.
Im Übrigen tragen die Parteien und die Streithelferin ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 91 % und die Beklagte zu 2. zu 9 %.
Die im Berufungsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Streithelferin trägt die Beklagte zu 2. zu 9 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem 6.4.2005 über einen Lastkraftwagen geschlossenen gewerblichen Kfz-Mietvertrag in Anspruch. Dem Mietvertrag lagen die allgemeinen Mietbedingungen der Klägerin zugrunde. Im Hinblick auf die Schadenshaftung wurde im Mietvertrag die Option der Haftungsbegrenzung auf Schäden am Kfz gewählt. Insoweit enthalten die in den Mietvertrag als allgemeine Geschäftsbedingungen einbezogenen "Mietbedingungen" unter Ziff. 4. folgende Regelung:
"4.2 Sofern Sie sämtliche Bedingungen dieses Mietvertrages einhalten, keine unsachgemäße Bedienung vorliegt und sofern der Verlust, Schaden oder Diebstahl nicht vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit Ihrerseits oder seitens eines berechtigten Fahrers, oder durch einen nichtberechtigten Fahrer verursacht wird, kann Ihre Haftung folgendermaßen beschränkt werden:
...
4.2.2 Wenn Sie die Option Haftungsbegrenzung für Schäden am Mietwagen (CDW) wählen, indem Sie die angegebene Tagesgebühr zahlen, wird Ihre Haftung für Verlust oder Beschädigung des Fahrzeuges, seiner Teile oder seines Zubehörs für jeden solchen einzelnen Schadenfall - mit Ausnahme von Diebstahl, versuchtem Diebstahl oder Vandalismus - auf die im Rental Record angegebene Selbstbeteiligung beschränkt ..."
Ziff. 2. der Mietbedingungen sieht folgende Verpflichtung des Mieters vor:
"2.1 Das Fahrzeug darf nur von Ihnen oder einer anderen Person gefahren werden, die zuvor von uns dazu berechtigt und im Rental Record vermerkt wurde. Sie verpflichten sich weiterhin, keine Person, einschließlich sich selbst, das Fahrzeug lenken zu lassen,
...
2.1.2. die übermüdet ist oder unter Alkohol, Drogen-, Medikamenteneinfluss oder dem Einfluss einer sonstigen legalen oder illegalen Substanz steht, welche das Bewusstsein oder die Reaktionsfähigkei...