Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebung der Widerklage bis Schluss der mündlichen Verhandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Widerklage kann noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der erleichterten Form nach § 261 Abs. 2 ZPO mit einer der Möglichkeiten des § 297 ZPO erhoben werden. Die beabsichtigte Antragstellung zur Widerklage darf daher nicht abgelehnt werden, auch wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Widerklageschriftsatz nicht als zugestellt annimmt.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 17.06.2003; Aktenzeichen 15 O 742/02)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 17.6.2003 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Köln – 15 O 742/02 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 9.000 Euro zu zahlen Zug um Zug gegen Überweisung von 10.000 Stück Aktien der O. Aktiengesellschaft, F., auf das von dem Beklagten gemeinsam mit Herrn S.C. bei der Bank D., BLZ …, Depot-Nr. …1 unter der Kontonummer …2 geführte Aktiendepot.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Klägerin 1/5 und dem Beklagten 4/5 auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(ohne Tatbestand gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO)

Die Berufung des Beklagten ist zulässig.

Sie hat jedoch, nachdem die Klägerin der vom Beklagten erhobenen Einrede des nicht erfüllten Vertrages durch Umstellung ihres Antrags auf eine Zug um Zug-Verurteilung und Teilrücknahme der Klage hinsichtlich des Zinsanspruchs Rechnung getragen hat, keinen Erfolg.

Das LG hat zutreffend einen Restkaufpreisanspruch der Klägerin gegen den Beklagten i.H.v. 9.000 Euro bejaht.

Der Aktienkauf- und Übertragungsvertrag vom 21.12.2001 ist nicht gem. §§ 123, 142 BGB nichtig. Der Beklagte hat auch im Berufungsverfahren nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin ihn beim Vertragsabschluss arglistig getäuscht hätte. Die vom Beklagten behaupteten Handlungen, durch die die Klägerin die O. AG geschädigt und in die Insolvenz getrieben haben soll, liegen sämtlich nach dem Vertragsschluss. Die monatlichen Mieten für den Internetzugang hat die Klägerin erst ab Oktober 2002 nicht mehr bezahlt. Das Geschäft betreffend die Rückabwicklung des Geldeinzugs von 25.000 Euro durch den Vater des Beklagten erfolgte im Juni 2002. Das Vorbringen des Beklagten zu den Shoplizenzen ist nicht nachvollziehbar. Offenbar soll die Auftragserteilung durch einen Gesellschafter der Klägerin und nicht durch diese selbst erfolgt sein. Soweit der Beklagte diesbezüglich Vorwürfe gegen die Klägerin erhebt, geht es um den Zeitraum Sommer 2002/Frühjahr 2003. Die Vorwürfe des Beklagten sind weiterhin so pauschal gehalten, dass eine Beweisaufnahme hierzu unzulässige Ausforschung wäre. Der Beklagte behauptet auch nicht substantiiert, dass der Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihre eigene künftige wirtschaftliche Entwicklung mit den Auswirkungen auf die O. AG bereits bekannt gewesen wäre. Das LG weist zu Recht darauf hin, dass der Beklagte als Vorstandsvorsitzender der O. AG hätte in der Lage sein müssen, das Risiko der Wertentwicklung der Aktien zu beurteilen.

Das Vorbringen des Beklagten reicht auch nicht aus, ggü. dem Kaufpreisanspruch der Klägerin den Arglisteinwand durchgreifen zu lassen. Im Übrigen ist es dem Beklagten unbenommen, etwaige Schadensersatzansprüche gem. §§ 117, 309, 317 AktG geltend zu machen.

Im Hinblick auf die vom Beklagten erhobene Einrede des nicht erfüllten Vertrages hat der Senat den Tenor des angefochtenen Urteils entspr. dem nunmehr von der Klägerin gestellten Antrag dahin abgeändert, dass der Beklagte zur Zahlung von 9.000 Euro an die Klägerin nur Zug um Zug gegen Überweisung von 10.000 Stück Aktien der O. AG auf das näher bezeichnete Aktiendepot des Beklagten verurteilt wird (§ 322 Abs. 1 BGB).

Die Widerklage ist zulässig. Das LG hätte die vom Beklagten beabsichtigte Antragstellung zur Widerklage nicht ablehnen dürfen. Nach h.M. kann eine Widerklage noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erhoben werden, und zwar in der erleichterten Form nach § 261 Abs. 2 ZPO durch Antragstellung in der mündlichen Verhandlung mit einer der Möglichkeiten des § 297 ZPO (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 33 Rz. 9 und Zöller/Greger, § 261 Rz. 6; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 261 Rz. 3; Lüke in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 261 Rz. 31; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 33 Rz. 19, 47; BGH v. 12.5.1992 – XI ZR 251/91, MDR 1992, 899 = NJW-RR 1992, 1085; s. a. v. 19.4.2000 – XII ZR 334/97, MDR 2000, 967 = NJW 2000, 2512 f. und OLG Hamburg v. 3.6.1994 – 11 U 62/93, MDR 1995, 526, zur Unzulässigkeit einer nach Schluss der mündlichen Verhandlung erhobenen Widerklage). Der Entscheidung des OLG Köln (OLG Köln v. 17.12.1998 – 1 U 42/98, NJW-RR 1999, 882 f.), wonach die Widerklage in der mündlichen Verhandlung nur in zulässiger Weise erhoben werden kann, wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers den überreichten Widerklageschriftsa...

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