Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 27.09.2011; Aktenzeichen 5 O 385/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 27.9.2011 - 5 O 385/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägerinnen zu je 1/4 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerinnen können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I.

Die Klägerinnen machen gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche in Zusammenhang mit dem Verbot der Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportwetten geltend. Wegen der Einzelheiten des Sachstandes wird das angefochtene Urteil des Landgerichts (Bl. 134 ff GA) ebenso wie wegen der Begründung der Klageabweisung in Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgen die Klägerinnen ihr erstinstanzliches Klagebegehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags fort. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 30.11.2011 (Bl. 181 ff GA) sowie den Schriftsatz vom 21.3.2012 (Bl. 242 ff GA) verwiesen.

Die Klägerinnen beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 27.9.2011 - 5 O 385/10 - festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen alle Schäden zu ersetzen, die diese infolge der Ordnungsverfügung der Beklagten gegen die Klägerin zu 1) vom 29.5.2006, gegen die Klägerin zu 2) vom 22.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 20.8.2007, gegen die Klägerin zu 3) vom 23.7.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung vom 30.9.2009 und gegen die Klägerin zu 4) vom 24.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 30.9.2009 sowie deren jeweiliger Vollziehung erlitten haben und weiterhin erleiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit dem sich aus ihrer Berufungserwiderung vom 13.2.2012 (Bl. 216 ff GA) und dem Schriftsatz vom 26.3.2012 (Bl. 258 ff GA) ergebenden Vorbringen.

Ergänzend wird auf sämtliche wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die in förmlicher Hinsicht unbedenkliche Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der geltend gemachte Entschädigungs- bzw. Schadensersatzanspruch steht den Klägerinnen bereits dem Grunde nach unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt zu, mögen die streitgegenständlichen Untersagungsverfügungen und die diese bestätigenden Widerspruchsbescheide wegen Verstoßes des staatlichen Sportwetten-Monopols gegen das Gemeinschaftsrecht auch rechtswidrig ergangen sein.

1.

Für einen Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG fehlt es an dem hierfür erforderlichen Verschulden der betreffenden Amtsträger.

Bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung hat jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegungen sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Danach ist auch bei einem objektiven Rechtsirrtum ein Schuldvorwurf nicht zu erheben, wenn die Rechtsansicht des Amtsträges nach sorgfältiger Prüfung gewonnen worden ist und als rechtlich vertretbar angesehen werden kann (BGH NJW 1993, 530; NJW 2003, 3693).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist den Amtsträgern der Beklagten ihr Vorgehen gegen die Klägerinnen insbesondere vor dem Hintergrund der für den seinerzeitigen Zeitraum geltenden einschlägigen ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht vorwerfbar. Zu verweisen ist insofern vornehmlich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 (- 1 BvR 1054/01 -), die unmittelbar das bayerische Staatslotteriegesetz betrifft, deren verfassungsrechtliche Aussagen aber gleichermaßen auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen zutreffen (BVerfG, Beschluss vom 2.8.2006 - 1 BvR 2677/04 -). Nach deren Inhalt durfte die Beklagte ihre Maßnahmen als im Ergebnis rechtmäßig ansehen. Dort ist zwar ausdrücklich festgestellt worden, dass das in Bayern errichtete staatliche Wettmonopol in seiner gegenwärtigen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG darstellt, weil es in seiner konkreten Ausgestaltung die Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten nicht hinreichend gewährleistet. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht hieraus unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten hat, den Verfassungsverstoß zu beseitigen, nicht die Folge der Nichtigkeit der angegriffenen Rechtslage gezogen, sondern sich auf die Feststellung der Unvereinbarkeit der Regelung mit dem Grundgesetz beschränkt. Weiter ist dem Gesetzgeber danach für den Fall, dass er an einem staatlichen Wettmonopol festhalten woll...

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