Leitsatz (amtlich)

1. Die Vollstreckung eines auf Auskunft gerichteten Vollstreckungstitels gegen eine italienische Partei erfolgt auch dann nach § 888 ZPO, wenn einzelne der geschuldeten Handlungen durch Dritte vorgenommen werden könnten.

2. Der Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes gem. § 888 ZPO wegen Nichterfüllung der Verpflichtungen aus einem auf Auskunft gerichteten Vollstreckungstitel darf nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die Festsetzung überschreite die Grenzen deutscher Staatsgewalt, weil der Schuldner im Ausland ansässig sei.

 

Normenkette

ZPO § 888; EuGVÜ Art. 43; EuGVVO Art. 49; ZRHO § 33 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 15 O 709/00)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der 15. Zivilkammer des LG Köln v. 7.1.2002 – 15 O 709/00 abgeändert.

Gegen die Schuldnerin wird wegen der Nichterfüllung der sich aus dem Teilversäumnisurteil des LG Köln – 15 O 709/00, zugestellt am 5.9.2001, ergebenden Pflichten, nämlich der Klägerin durch Abgabe der Quartals-Istzahl-Meldungen III bis IV/1999 sowie I bis III/2000 Auskunft darüber zu erteilen, wie viele mit dem Zeichen „Der GRÜNE PUNKT” versehene und von der Beklagten vertriebene Verpackungen in der Zeit vom 1.7.1999 bis 30.9.2000 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abgesetzt worden sind; der Klägerin durch die Abgabe der Jahresabschlussmeldung 1999 auf dem dazu vorgesehenen Formblatt Auskunft darüber zu erteilen, wie viele mit dem Zeichen „DER GRÜNE PUNKT” versehene und von der Beklagten vertriebene Verkaufsverpackungen in dem Geschäftsjahr der Beklagten 1999 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abgesetzt worden sind; die Richtigkeit der in der Jahresabschlussmeldung 1995, 1996, 1997, 1998 sowie 1999 gemachten Angaben auf ihre Kosten von einem Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer auf der Grundlage der von der Klägerin herausgegebenen Richtlinien und unter Verwendung der von der Klägerin herausgegebenen Formulare oder per von der Klägerin zugelassenen Datenträgern gegenüber der Klägerin bescheinigen zu lassen (Testat 1995, 1996, 1997, 1998 sowie 1999), ein Zwangsgeld von 2.500,00 Euro festgesetzt und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, je 250 Euro ein Tag Zwangshaft angeordnet, die an den im Rubrum dieses Beschlusses genannten Vertretern der Schuldnerin zu vollstrecken ist.

Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens, einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens, hat die Schuldnerin zu tragen.

 

Gründe

I. Die Schuldnerin hat die Rechtsform einer SpA; sie hat ihren Sitz in Italien. Das LG hat die Schuldnerin durch Teilversäumnisurteil zur Erteilung der im Rubrum dieses Beschlusses näher bezeichneten Auskünfte verurteilt. Die Gläubigerin hat beantragt, gegen die Schuldnerin wegen der Nichterfüllung der sich aus dem Urteil ergebenden Auskunftspflichten ein Zwangsgeld festzusetzen. Das LG hat dies durch den angefochtenen Beschluss abgelehnt, da die Festsetzung eines Zwangsgeldes die Grenzen deutscher Staatsgewalt überschreite und auf eine Vollstreckung im Ausland hinauslaufe, ferner eine Zustellung des Zwangsgeldbeschlusses abgelehnt werden müsste. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Gläubigerin. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 793 ZPO) und in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie ist auch begründet. Gegen die Schuldnerin ist auf Antrag der Gläubigerin gem. § 888 ZPO ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, wie aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlich anzuordnen.

1. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen vor. Die Gläubigerin ist im Besitz eines Vollstreckungstitels, nach dessen Inhalt die Schuldnerin bestimmte Auskünfte zu erteilen hat. Das Urteil ist der Schuldnerin zugestellt worden. Die Vollstreckungsklausel ist während des Beschwerdeverfahrens erteilt worden.

2. Zu Recht hat die Gläubigerin einen Antrag nach § 888 ZPO gestellt. Dabei kann dahin stehen, ob einzelne der von der Schuldnerin vorzunehmenden Handlungen durch Dritte vorgenommen werden könnten, mithin an sich eine Vollstreckung nach § 887 ZPO in Betracht kommt. Ist die Vollstreckung auf eine im Ausland vorzunehmende Handlung gerichtet, so kann der Vollstreckungsgläubiger auch hinsichtlich an sich vertretbarer Handlungen nach § 888 ZPO vorgehen, weil eine Vollstreckung nach § 887 ZPO – sofern sie überhaupt möglich ist – in nicht zumutbarer Weise zu einer Erschwerung und Verzögerung der Vollstreckung führt (vgl. OLG Frankfurt v. 14.12.2000 – 5 W 21/00, OLGReport Frankfurt 2001, 72 [73] = RIW 2001, 379 f., mit Anm. von Schuschke in EWiR 2001, 243 f.; OLG Stuttgart ZZP 97 [1984], 487 [488], mit Anm. von Münzberg, 489 ff.; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 4. Aufl., Rz. 3228 f.; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 887 Rz. 29). Ob etwas Anderes gilt, wenn davon auszugehen ist, dass sich der Schuldner einer Ersatzvornahme nicht widerset...

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