Leitsatz (amtlich)
Der Krankentagegeldversicherer kann aus ihm vorliegenden medizinischen Befun-den, welche die Annahme einer schon länger bestehenden Berufsunfähigkeit recht-fertigen, Konsequenzen für das Bestehen des Versicherungsverhältnisses erst ab dem Zeitpunkt herleiten, zu dem er dem Versicherungsnehmer diese Befunde mitteilt und als deren Folge die Vertragsbeendigung behauptet.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 13.05.2009; Aktenzeichen 23 O 441/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13.5.2009 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des LG Köln - 23 O 441/06 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, über den bereits zuerkannten Betrag von 2.604 EUR nebst Zinsen hinaus an die Klägerin weitere 2.604 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz seit dem 3.3.2007 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der unter der VS-Nr. XXX/YYYYYYYY zum 1.1.1995 geschlossene Krankentagegeldversicherungsvertrag unverändert fortbesteht und insbesondere nicht durch den von der Beklagten im Schreiben vom 3.4.2006 behaupteten Eintritt von Berufsunfähigkeit am 31.3.2006 beendet wurde.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin - von Beruf selbständige Maklerin für Versicherungen und Finanzen - schloss bei der Beklagten zum 1.1.1995 eine Krankentagegeldversicherung nach dem Tarif ETB 21 mit einer Leistungspflicht bei bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit von täglich 31 EUR nach einer Karenzzeit von 21 Tagen ab. Einbezogen waren die RB/KT 94 sowie die Tarifbedingungen (GA 30 ff.)
Die Klägerin bezog aus dieser Versicherung Leistungen. Mit Schreiben vom 3.4.2006 (GA 156) teilte die Beklagte der Klägerin mit, ein von ihr beauftragter Gutachter sei am 31.3.2006 zu dem Ergebnis gekommen, dass sie berufsunfähig sei; sie werde daher die Leistungen in Anwendung von § 19 (1) b RB/KT 94 zum 30.6.2006 einstellen. Mit der Klage beansprucht die Klägerin Krankentagegeld für den Zeitraum vom 1.7.2006 bis einschließlich 15.12.2006 (5.208 EUR) sowie die Feststellung des Fortbestandes der Versicherung.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei in der Zeit vom 1.7.2006 bis 15.12.2006 vollständig arbeitsunfähig gewesen. Berufsunfähig sei sie aber nicht, was sich auch daran zeige, dass sie zum 1.1.2007 ihre frühere Tätigkeit als Maklerin wieder aufgenommen habe.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.208 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.4.2006 zu zahlen;
2. festzustellen, dass der unter der VS-Nr. XXX/YYYYYYYY zum 1.1.1995 geschlossene Krankentagegeldversicherungsvertrag unverändert fortbesteht und insbesondere nicht durch den von der Beklagten im Schreiben vom 3.4.2006 behaupteten Eintritt von Berufsunfähigkeit am 31.3.2006 beendet wurde.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die Klägerin sei seit dem 31.3.2006 bedingungsgemäß berufsunfähig. Hilfsweise hat sie das Vorliegen vollständiger Arbeitsunfähigkeit bestritten.
Das LG hat der Zahlungsklage mit Urteil vom 13.5.2009, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, für den Zeitraum vom 1.7.2006 bis 22.9.2006 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat sich hierzu auf das eingeholte Gutachten des Sachverständigen PD Dr. N. bezogen, der zu dem Ergebnis gelangt war, dass zwar wegen der bestehenden orthopädischen Erkrankungen (vor allem einer Vorderfußdeformität) alleine keine Berufsunfähigkeit bestehe; Berufsunfähigkeit sei indes seit der zusätzlichen Feststellung einer arteriellen Verschlusserkrankung am 23.6.2006 eingetreten. Demgemäß hat das LG eine Beendigung der Versicherung zum 23.6.2006 angenommen und der Klägerin Krankentagegeld vom 1.7.2006 bis zum Ablauf des Nachleistungszeitraums gem. § 19 (1) b) RB/KT 94 am 22.9.2006 zuerkannt.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge, soweit ihnen nicht stattgegeben worden ist, in vollem Umfang weiterverfolgt. Zur Begründung führt sie an, das Versicherungsverhältnis habe wirksam nur beendet werden können, wenn bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit zum 31.3.2006 vorgelegen hätte. Das habe der Gerichtsgutachter nicht bestätigt. Soweit er bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ab 23.6.2006 angenommen habe, sei dies rechtlich unbeachtlich, weil er damit rückschauend Berufsunfähigkeit festgestellt habe, was nicht zulässig sei. Frühestens sei danach Berufsunfähigkeit mit dem Zeitpunkt der Untersuchung durch den Gerichtssachverständigen am 23.8.2007 denkbar. Insoweit fehle es ab...