Leitsatz (amtlich)
1. Der Umstand, dass in einem Bundesland die Veranstaltung von Online-Glücksspielen zulässig ist, führt nicht dazu, dass auch die bundesweite Werbung hierfür zulässig ist, wenn in den Empfangsländern eine entsprechende Glücksspielerlaubnis fehlt. Daran ändert sich nichts, wenn in der Werbung eine regionale Teilnehmerbeschränkung enthalten ist.
2. Ein Rundfunkveranstalter, der bundesweit empfangbare Werbung akquiriert, ist auch unter Berücksichtigung seiner besonderen verfassungsrechtlichen Stellung gehalten, die nur als Ausnahme, nicht aber als Grundsatz bestehende Erlaubnislage für die Veranstaltung von Online-Glücksspielen zu prüfen.
Normenkette
GlüStV 2012 § 5 Abs. 3-4; GlüStV 2021 § 5 Abs. 1; UWG § 3 a
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 31 O 152/19) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18.02.2020 (31 O 152/19) - soweit die Klage nicht bereits rechtskräftig durch Urteil des BGH vom 22.07.2021 (I ZR 194/20) abgewiesen wurde - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,
in der Bundesrepublik Deutschland für außerhalb von Schleswig-Holstein nicht erlaubte Glücksspiele, insbesondere Online-Casino- und Automatenspiele zu werben, wenn dies geschieht, wie nachstehend sowie in Anlagen CBH 1 und CBH 29 wiedergegeben:
((Abbildungen))
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen des Revisionsverfahrens tragen die Beklagte 70%, die Klägerin 30%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Unterlassungsansprüche aus Ziff. 1 a) bis c) jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 400.000,- Euro, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist der Bundesverband der Deutschen Glücksspielunternehmen e.V., die Beklagte die Holdinggesellschaft der Mediengruppe RTL Deutschland, deren Unternehmen mehrere private Fernsehsender betreiben. Die von den Rundfunkveranstaltern angebotenen Werbezeiten werden über ein konzernangehöriges Unternehmen zentral vermarktet.
Im Zeitraum von Juni 2018 bis Februar 2019 bzw. Juni 2019 strahlten Sender der RTL-Gruppe im bundesweit empfangbaren Fernsehen Werbespots für die Internetseiten www.onlinecasino.de, drückglück.de, www.wunderino.de und www.mrgreen.de aus. Die Anbieter der genannten Seiten verfügten über eine Lizenz des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Online-Casinospielen. Der Kläger hat die Beklagte wegen dieser Ausstrahlungen erfolglos abgemahnt und seine Ansprüche im Klagewege weiterverfolgt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung war erfolglos. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts aufgehoben, soweit es um die Verurteilung wegen der Werbung zu mrgreen.de ging. Das Urteil des Oberlandesgerichts wurde ebenfalls aufgehoben und der Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Der Bundesgerichtshof gab dem Senat auf, Feststellungen zu folgenden Fragen zu treffen:
a) Es ist zu entscheiden, ob die Werbung für die Seiten onlinecasino.de, drückglück.de und wunderino.de nach dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) 2012 erlaubt war und ob sie es nach dem GlüStV 2021 ist (BGH-Revisionsurteil Rn. 91), insbesondere darüber, ob diese Seiten nur in Schleswig-Holstein oder auch bundesweit im Rundfunk beworben werden durften bzw. dürfen.
b) Sofern diese Werbung wettbewerbswidrig war, ist erneut zu prüfen, ob die Beklagte diesbezüglich passivlegitimiert war, nachdem sie Gelegenheit erhielt, zu ihren Prüfaufgaben und Weisungsbefugnissen im Konzern ergänzend vorzutragen (BGH, Rn. 92).
c) Sofern die Beklagte Verkehrspflichten verletzt hat, ist zu prüfen, ob nach der klägerischen Abmahnung vom 18. Februar 2019 gleichartige Werbespots für die genannten Glücksspielangebote ausgestrahlt wurden (BGH, Rn. 93).
d) Wenn die mittelbare Werbung als solche nicht offensichtlich als rechtswidrig erkennbar war, ist dem Vorwurf nachzugehen, ob von den beworbenen de-Seiten auf die com-Seiten verlinkt wurde.
e) Nach Abweisung des Unterlassungsanspruchs zu 1d), betreffend die Werbung für mrgreen.de ist über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Revision zu entscheiden.
Der Senat hat über die vorgenannten Fragen am 25.2.2022 erneut verhandelt. Die Akte StA München I, 252 Js 164680/20 hat vorgelegen. Sie wurde der Beklagten zu Zwecken der Einsichtnahme überlassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des am 18. Februar 2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln (Az. 31 O 152/19) abzuweisen, soweit nicht b...