Tenor

Unter Abänderung des am 25.05.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln, Az. 31 O 3/21, wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 03.02.2021, Az. 31 O 3/21, aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Frage, ob der Antragstellerin ein Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin hinsichtlich der Abwerbung von Arbeitskräften zusteht und dieser im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann.

Die Antragstellerin erbringt für die A-Gruppe, der die Antragsgegnerin angehört, seit dem Jahr 2012 Call-Center-Dienstleistungen. Zu diesem Zweck haben die Parteien im Jahr 2012 einen "Rahmenvertrag für Service Center Dienstleistungen" miteinander geschlossen. Auf den als Anlage AS 1 eingereichten Vertrag wird Bezug genommen.

Ausweislich von § 2 Abs. 1 des Rahmenvertrags ist Vertragsgegenstand die Festlegung der Grundlagen für die von der Antragstellerin im Bereich Customer Service Center an die Antragsgegnerin zu erbringenden Leistungen. Nach § 2 Abs. 2 des Rahmenvertrages sollen hinsichtlich einzelner Dienstleistungen der Antragstellerin für die Antragsgegnerin Projektverträge geschlossen werden, die durch die Regelungen des Rahmenvertrags ergänzt werden. Nach § 16 Abs. 1 des Rahmenvertrags galt dieser zunächst bis zum 31.12.2016 und verlängerte sich sodann jeweils um ein Jahr, wenn er nicht drei Monate vor Ablauf der Vertragslaufzeit durch die Antragsgegnerin gekündigt wurde. Eine Kündigung zum Ablauf des Jahres 2020 ist nicht erfolgt.

In § 20 des Vertrags heißt es, dass die Antragstellerin der Antragsgegnerin das Nutzungsrecht an sämtlichen Arbeitsergebnissen übertrage, wozu unter anderem sämtliches "A spezifisches Know How" gehöre, welches die Antragstellerin spätestens bei Beendigung des Vertrags zu übertragen habe.

Die Vereinbarung in § 27 des Rahmenvertrags enthält unter anderem folgende Regelungen:

"(1) Beide Parteien verpflichten sich, keinen derzeitigen Mitarbeiter oder eine sonst vertraglich verpflichtete Person des anderen Vertragspartners mittelbar oder unmittelbar abzuwerben, sofern diese mit Leistungen aus diesem Vertrag oder einem der Vertragsteile betraut ist

(2) [...]

(3) Diese Verpflichtungen gelten für die Dauer des Vertrags."

Vereinbarungen entsprechender Art sind in der IT-Branche üblich.

Der Rahmenvertrag fand zunächst auf einen bis zum 31.12.2020 geltenden Projektvertrag (vgl. Anl. AS 2 und 3) Anwendung, der die Einzelheiten der von der Antragstellerin zu erbringenden Dienstleistungen regelte. Weil die Antragsgegnerin sich entschied, die bisher von der Antragstellerin erbrachten Dienstleistungen künftig durch eine ihrer Tochtergesellschaften zu erbringen, wurde der Vertrag über den 31.12.2020 hinaus nicht mehr verlängert. Vielmehr erbrachte die Antragstellerin auf Grundlage des Rahmenvertrags und eines am 12.11.2020 zwischen den Parteien geschlossenen, bis zum 31.03.2021 befristeten Vertrags (vgl. Anl. AS 4) zunächst nur noch Übergangsdienstleistungen.

Die Antragstellerin erbrachte ihre Dienstleistungen für die Antragsgegnerin zu Spitzenzeiten an sechs verschiedenen Standorten und durch mehr als 500 Mitarbeiter. Die Dienstleistungen der einzelnen Standorte werden dabei durch ein globales Steuerungsteam koordiniert, das unter anderem die Aufgaben auf verschiedene Teams verteilt sowie Auswertungen erstellt. Hierfür sind Kenntnisse unter anderem zum Aufbau und zur Anwendung der verwendeten IT- und Abrechnungsprogramme erforderlich. Dem globalen Steuerungsteam gehören weiter Trainer-Manager an, die Trainingsunterlagen erstellen und die lokal eingesetzten Trainer ausbilden. Mitarbeiter, wie sie in dem globalen Steuerungsteam der Antragstellerin eingesetzt sind, sind auf dem Arbeitsmarkt nicht frei verfügbar.

Dienstleistungen für die Antragsgegnerin erbringt die Antragstellerin in dem IT-System der Antragsgegnerin. Aus diesem Grund war der Antragsgegnerin die Identität sämtlicher der von Seiten der Antragstellerin betrauten Mitarbeiter bekannt. Auch konnte die Antragsgegnerin über ihr System die Tätigkeit der einzelnen Mitarbeiter beobachten.

Am 24.11.2020 kontaktierte eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin den für das globale Leitungsteam der Antragstellerin in Berlin tätigen Mitarbeiter B per Telefon und erkundigte sich, ob er Interesse an einer Anstellung bei der Antragsgegnerin habe. Im Anschluss erbat ein weiterer Mitarbeiter der Antragsgegnerin, Herr C, per SMS eine "alternative Kontaktmöglichkeit" und übersandte ihm nach Übermittlung einer privaten E-Mailadresse an diese einen Link mit einer Stellenausschreibung. Herr B ist für die Antragstellerin seit 2011 tätig.

Am 11.12.2020 erlangte der Geschäftsführer der Antragstellerin Kenntnis von der Ansprache des Herrn B und kontaktierte den CFO der Antragsgegnerin, Herrn D, der zusicherte, für ein künftiges Unterbleiben von Abwerbeversuchen zu sorgen. Die Antragstellerin wandte sich sodann in der Annahme...

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