nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umzug und relevante Gefahrerhöhung in der Hausratversicherung (neue Wohnung über einer Schreinerei)

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung in § 11 Nr. 1 51 VHB 89, wonach im Falle des Wohnungswechsels der Versicherungsnehmer der Versicherungsschutz auf die neue Wohnung übergeht, ist bei Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte dahin zu verstehen, daß eine mit dem Umzug einhergehende Änderung der versicherten Gefahr das Versicherungsverhältnis nicht berühren soll (§ 29 S. 2 VVG). Das gilt jedenfalls für solche – nun veränderte – Umstände, nach denen im ursprünglichen Versicherungsantrag nicht gefragt war.

 

Normenkette

VVG §§ 29, 25-28; VHB 84 § 11 I S. 1

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 12.08.1999; Aktenzeichen 7 O 161/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.08.1999 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 7 O 161/99 – geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 119.000,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.01.1999 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 140.000,– DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistung kann auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank erbracht werden.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Grund einer mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (V.-Versicherung für den öffentlichen Dienst AG) abgeschlossenen Hausratversicherung wegen eines Brandschadens vom 27.09.1998 auf Entschädigung in Anspruch.

Ursprünglich hatte die Klägerin im Jahre 1993 für ihre Wohnung in der G.straße 27 in … B. mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Hausratversicherung abgeschlossen. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen VHB 84 – Hs 1 – O2 zugrunde. Mitte 1996 zog die Klägerin im Zusammenhang mit der Trennung von ihrem früheren Ehemann zu ihrem damaligen Lebensgefährten und jetzigen Ehemann in das Haus I.straße 30 in … M./M.. Dieser betrieb dort im Erdgeschoss eine Schreinerei mit Fenster- und Türenfabrikation. Es handelt sich um ein zweigeschossiges Hauptgebäude und beidseitig längs angeordneten eingeschossigen Anbauten. Die Tragkonstruktion des Produktionsgebäudes besteht aus Stahlbeton – Skelettbauweise mit Bimssteinen ausgefacht und beidseitig verputzt. Das Obergeschoss ist gemauert, verputzt und zum Teil mit Fliesen und Paneelen ausgestattet. Das massive Treppenhaus verfügt über eine Treppe aus Stahlbeton mit Stufenbelag. Mit Schreiben der Bezirksregierung T. vom 28.11.1980 und der Kreisverwaltung B.-W. vom 04.08.1987 war dem Ehemann der Klägerin bestätigt worden, dass gegen das Bauvorhaben und seine Erweiterung im Jahre 1987 in brandschutztechnischer Hinsicht keine Bedenken bestehen, wenn dieses unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Behörde ausgeführt wird. Dies ist geschehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 07.10.1999 ergänzend Bezug genommen.

Die Klägerin informierte telefonisch den Mitarbeiter der Beklagten, Herrn F., von dem Umzug. Der weitere Inhalt des Telefongesprächs ist streitig. Unter dem Datum des 24.10.1996 übersandte die Rechtsvorgängerin der Klägerin einen Nachtrag zur Hausratversicherung. Als Anschrift ist „I.str. 30, … M.” angegeben. Es heißt darin u.a.: „ Mit Wirkung vom 02.11. 96 ist geändert: – aufgrund Wohnungswechsels: der Versicherungsort – der Beitrag”.

Weiter heißt es: „Vertragsgrundlagen: unverändert …Gefahrerhöhung durch Inhalt, Betrieb und/oder Nachbarschaft liegt nicht vor”. Unter dem 03.11.1997 übersandte die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin einen weiteren Nachtrag zur Hausratsversicherung an die neue Anschrift. Darin heißt es: „Mit Wirkung vom 01.11.97 ist geändert – aufgrund Wohnungswechsels: die Klausel „Kein Abzug wegen Unterversicherung” entfällt”. Außerdem heißt es dort: „Vertragsgrundlagen: unverändert …. Gefahrerhöhung durch Inhalt, Betrieb und/oder Nachbarschaft liegt nicht vor.”

Am 27.09.1998 kam es zu einem Brand in dem Hause I.straße 30 in M. durch einen Defekt in der Staub – und Dampf-Absauganlage der Schreinerei. Das Feuer griff auf die Wohnung der Klägerin über und richtete dort erhebliche Zerstörungen an. Unstreitig entstand eine Hausratschaden von 119.000,– DM, den die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 20.01.1999 selbst errechnet und bestätigt hatte.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten kündigte das Versicherungsverhältnis durch Schreiben vom 16.10.1998 an die Klägerin mit sofortiger Wirkung unter Hinweis auf die Gefahrerhöhung durch Wohnungswechsel. Mit Schreiben vom 20.01.1999 lehnte die Beklagte eine Entschädigungsleistung ab, weil die Klägerin eine durch den Umzug nachträglich eingetretenen Gefahrerhöhung wegen des holzverarbeitenden Betriebes im Erdg...

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