Entscheidungsstichwort (Thema)

Ladungsfrist in einer Mietsache in den Niederlanden

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks in einer Mietsache in den Niederlanden unter ausdrücklicher Verkürzung der Ladungsfrist auf nur eine Woche gem. § 7 Abs. 1 niederl. ZPO an eine zu diesem Zeitpunkt in den Niederlanden wohnende Schuldnerin steht der späteren Vollstreckung eines danach ergangenen Versäumnisurteils in des Bundesrepublik nicht entgegen.

 

Normenkette

EuGVÜ Art. 27 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 10 O 28/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Vorsitzenden der 10. Zivilkammer des LG Aachen vom 5.3.2001 – 10 O 28/01 – abgeändert.

Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Kantonsgerichts Heerlen vom 13.10.1999 – 64660/CV EXPL 99–3114 – wird zugunsten der Gläubigerin gegen die Schuldnerin zugelassen. Der Schuldtitel ist mit der Vollstreckungsklausel zu versehen.

Die zu vollstreckende Entscheidung lautet:

„Die Beklagte wird verurteilt, gegen Quittungsbeleg an die Klägerin zu bezahlen:

– Die Summe von 2.331,60 niederländische Gulden (nlG) zuzüglich 6 % Zinsen für 2.331,60 nlG ab 5.10.1999 bis zum 31.12.2000 und 8 % Zinsen seit dem 1.1.2001 bis zum Datum der Begleichung;

– für die Zeit vom 31.10.1999 bis zum 31.1.2000 den Betrag von 573,49 nlG pro Monat, mithin 3 × 573,49 nlG = 1.720,47 nlG;

– die Prozesskosten von 534,71 nlG, davon 200,00 nlG Gehalt des Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin, zuzüglich Gerichtsvollzieherkosten für die Zwangsräumung vom 25.1.2000 von 218,25 nlG und Zustellkosten von 84,48 nlG und weiteren 62,33 nlG.

Die Schuldnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Die seinerzeit in K./Niederlande wohnende Schuldnerin wurde durch rechtskräftiges Versäumnisurteil des Kantonsgerichts (AG) Heerlen vom 13.12.1999 verurteilt, ihre Wohnung binnen vier Wochen zu räumen sowie rückständige Miete von 2.331,60 nlG zuzüglich gesetzlicher Zinsen und laufende Nutzungsentschädigung von 573,49 nlG pro Monat ab dem 31.10.1999 bis zur Räumung der Wohnung an die Gläubigerin zu zahlen. Das verfahrenseinleitende Schriftstück nebst Ladung (gedargvaarding) war der Schuldnerin am 5.12.1999 zugestellt worden, und zwar mit dem Hinweis darauf, dass die Ladungsfrist nach § 7 Abs. 1 der niederländischen ZPO auf Antrag der Gläubigerin von vier Wochen auf eine Woche verkürzt worden sei, dass die Schuldnerin schriftlich oder spätestens mündlich in der Sitzung vom 13.12.1999 erwidern oder um Aufschub nachsuchen könne und ansonsten der Klage im Versäumniswege stattgegeben werden könne. Die Verkürzung der Ladungsfrist auf eine Woche beruht auf einer allgemeinen Handhabung der Kantonsrichter in Südlimburg, nämlich in Heerlen, Sittard und Maastricht für Mietsachen, in denen für mindestens drei Monate keine Miete mehr bezahlt worden ist.

Die Gläubigerin begehrt, nachdem der Räumungstitel am 25.1.2000 vollstreckt worden war und die Schuldnerin, der das Urteil des Kantonsgerichts Heerlen am 24.11.1999 zugestellt worden war, inzwischen in Deutschland wohnt, die Vollstreckbarerklärung der ausgeurteilten Zahlungsansprüche, mittitulierter Prozesskosten sowie weiterer Zustellkosten und der Gerichtsvollzieherkosten der Zwangsräumung.

Den entsprechenden Antrag hat der Vorsitzende der Zivilkammer des LG mit der Begründung zurückgewiesen, das verfahrenseinleitende Schriftstück sei der Schuldnerin nicht so rechtzeitig i.S.d. Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ zugestellt worden, dass sie sich sachgerecht habe verteidigen können. Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit ihrer Beschwerde.

II. Die gem. § 11 des AVAG vom 19.2.2001 zulässige Beschwerde ist begründet.

Die nach Art. 46 und 47 EuGVÜ für die Zulassung der Vollstreckung erforderlichen formellen Voraussetzungen sind erfüllt. Die Antragstellerin hat eine beglaubigte Abschrift der für vorläufig vollstreckbar erklärten Entscheidung und Urkunden über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks sowie des im Versäumnisverfahren ergangenen Urteils des Kantonsgericht Heerlen an die Antragsgegnerin vorgelegt.

Der Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel kann nicht gem. Art. 34 Abs. 2 EuGVÜ aus einem der in Art. 27 und 28 EuGVÜ aufgeführten Gründe abgelehnt werden.

Der einzige in Betracht kommende Versagungsgrund des Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ greift nicht ein. Der Schuldnerin, die sich auf das Verfahren vor dem Kantonsgericht Heerlen nicht eingelassen hat, ist das verfahrenseinleitende Schriftstück ordnungsgemäß und so rechtzeitig zugestellt worden, dass sie sich verteidigen konnte.

Dass die Zustellung ordnungsgemäß war, ergibt sich aus der von der von der Gläubigerin in Urschrift vorgelegten Vorladung, in der der Gerichtsvollzieher beurkundet hat, dass er am 5.10.1999 die Schuldnerin in ihrer Wohnung nicht angetroffen habe und entsprechend den gesetzlichen Vorschriften eine Abschrift der Vorladung zurückgelassen habe.

Auch stand der Schuldnerin tatsächlich eine ausreichende Zeitspanne zur Vorbereitung ihrer Rechtsverte...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge